(Registrieren)

Schwäbische Zeitung: Es braucht Zivilcourage - Leitartikel

Geschrieben am 24-08-2012

Leutkirch (ots) - Der Bundespräsident wird am Sonntag aller
Voraussicht nach die richtigen Worte zu dem Pogrom von
Rostock-Lichtenhagen finden, das vor 20 Jahren das wiedervereinte
Deutschland erschütterte. Er wird sich hoffentlich von den übrigen
Sonntagsrednern unterscheiden, die in den vergangenen zwei
Jahrzehnten tränenreich ihre Wut, Scham und Empörung über den Pöbel
gleich ob in Ost oder West bezeugten, um dann wieder geschwind zur
Tagesordnung überzugehen und den Deutschen zu erklären, dass es kein
größeres rechtsradikales Problem im Lande gebe. Einzeltäter folgten
und folgen in ihrer Argumentation auf Einzeltäter. Wer auf der Flucht
vor Neonazis verunglückt, ist dann in dieser Logik auch nicht
zwingend ein Opfer von rechtsextremen Totschlägern. Manch amtliche
Statistik belegt diese Dummheit. Der Ermittlungsskandal im Zuge der
Mordserie des nationalsozialistischen Untergrundes NSU ist nicht nur,
aber auch durch so eine Denke zu erklären. Fakt ist: Wenn die Glatzen
marschieren, dann ist Zivilcourage gleichbedeutend mit Risiko für
Leib und Leben. Und ohne Rostock-Lichtenhagen ist der heutige
Rechtsextremismus nicht zu erklären. Der Demokratieverlust ist
schleichend eingetreten und trotz vieler mutiger Menschen hat sich
außerhalb Rostocks wenig zum Besseren gewendet. Neonazis versuchen
immer wieder, ihre berüchtigten national befreiten Zonen
durchzusetzen. Journalisten und Ausländer werden drangsaliert, aus
Angst vor rechter Gewalt verzichten die Opfer auf Anzeigen. Vor 20
Jahren haben Politik und Medien versagt. Die Medien, weil sie dem
Pöbel über Tage eine Bühne geboten haben. Die Politik, weil sie einem
Klima der Ausgrenzung nicht wirklich entgegengetreten ist und lieber
wählerwirksam Asylgesetze geändert beziehungsweise abgeschafft hat.
Rechtsextremismus ist kein simples Sicherheitsproblem, das im
Vorbeigehen von der Polizei gelöst werden kann. Darauf wird Gauck
hinweisen. Er sollte uns alle in die Pflicht nehmen.



Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 07561-80 100
redaktion@schwaebische-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

413598

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Euro-Krise Merkels historische Pflicht THOMAS SEIM Bielefeld (ots) - Die Rettung des Euros geht auf die Zielgerade. Der Besuch des griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras bei Angela Merkel war eine wichtige Etappe. Der Streit in Deutschland über Griechenland und den Euro war und ist nicht immer von Verantwortung geprägt. Das gilt für das leichtfertige Gerede des Bundeswirtschaftsministers (FDP) ebenso wie für das schon gefährlich zu nennende, inkompetente Gerede von Bayerns Finanzminister (CSU). Ja, die Kanzlerin hat es nicht leicht mit ihren Regierungspartnern. Aber sie mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Das Urteil im Breivik-Prozess in Norwegen Narben werden bleiben MATTHIAS BUNGEROTH Bielefeld (ots) - Auf dieses Wort des Gerichts in Oslo hatte eine überwältigende Mehrheit der fünf Millionen Einwohner Norwegens gewartet: "Zurechnungsfähig" lautet der zentrale Begriff aus dem Urteilsspruch der Richter um die Vorsitzende Wenche Elizabeth Arntzen. Der Massenmörder Anders Behring Breivik ist somit schuldig, am 22. Juli 2011 77 Menschen kaltblütig ermordet und zahlreiche weitere Opfer teils schwer verletzt zu haben. Er muss die volle Verantwortung für seine Verbrechen übernehmen. Die grausamen Taten und ihre juristische mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Syrien-Flüchtlinge Osnabrück (ots) - Die Zeit drängt Die Lage in Syrien und seinen Nachbarländern wird von Tag zu Tag dramatischer. Mehr und mehr Verfolgte, Verletzte und Bedrohte verlassen angesichts des Bürgerkriegs ihre Häuser. Die Flüchtlingsfamilien werden sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht haben. Dennoch ist ihre Hoffnung auf eine größere Sicherheit außer Landes nur zu verständlich. Denn auch unbeteiligten Zivilisten droht die Gefahr, vom Regime rekrutiert oder Zielscheibe von Luft- und Artillerieangriffen zu werden. Die christliche mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Griechenland Osnabrück (ots) - Deutschland stellt sich selbst ein Bein Hinter den Kulissen muss die Bundesregierung sich auf den Austritt der Griechen aus dem Euro vorbereiten. Alles andere wäre fahrlässig und unverantwortlich. Aber damit ist noch nicht gesagt, dass dieser Fall auch tatsächlich eintritt. Es ist nur wichtig, dass Deutschland sich absichert. Dass der Finanzminister auch darüber nachdenkt, ist daher so sinnvoll wie der Abschluss einer Haftpflichtversicherung für Autofahrer - für alle Eventualitäten. Großes Aufheben machen die mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Risiken und Nebenwirkungen Zum Potsdamer Interesse an einem weiteren Herzzentrum Cottbus (ots) - Das kommunale Großklinikum in Potsdam hätte gern eine eigene Herzchirurgie. Ein Gutachten, das einen steigenden Bedarf an solchen Eingriffen voraussagt, ist auch zur Hand. Warum sollte das Land in seiner Klinikplanung da Nein sagen? Weil es möglicherweise im wirtschaftlichen Interesse des Potsdamer Klinikums wäre, sich eine Herzchirurgie zu leisten, doch nicht im Interesse der betroffenen Patienten und aller Versicherten. Denn seit Jahren stabile Fallzahlen lassen an einem steigenden Bedarf mehr als zweifeln. Und die mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht