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"DER STANDARD"-Kommentar: "Steuer-CD sei Dank" von András Szigetvari

Geschrieben am 16-08-2012

Nur wenn das Bankgeheimnis fällt, wird die Jagd nach
Schwarzgeldern effektiv - Ausgabe vom 17.8.2012

Wien (ots) - Gäbe es keine Steuer-CDs, man müsste sie erfinden.
Der rege Handel mit in der Schweiz geklauten Bankdaten hat
Deutschland hunderte Millionen Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen
beschert und tausende Steuersünder überführt. Die CDs verhalfen
Fahndern nebenbei zu einem grundlegenden Durchbruch: Dank
(gestohlener) Informationen aus mehreren Bankhäusern konnten
Finanzämter erstmals belegen, dass Schweizer Institute systematisch
um Schwarzgelder buhlen. Die Credit Suisse bezahlte dafür 2010 150
Millionen Euro Bußgeld in Deutschland.
Das jüngste Vermächtnis der Datendiebe ist es, das
Schwarzgeldabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz torpediert
zu haben. Nach dem Ankauf mehrerer CDs durch Nordrhein-Westfalen gilt
der Deal zwischen Berlin und Bern als politisch tot. Darin liegt eine
Chance.
Denn die von Deutschland, Großbritannien und Österreich mit der
Schweiz geschlossenen Abkommen sind eine mangelhafte Antwort auf den
systematischen Steuerbetrug im Nachbarland. Dabei geht es nicht
einmal um die Schlupflöcher in den Verträgen. Es ist schon bedenklich
genug, dass Bankkunden noch bis Mai 2013 Zeit haben, ihr Schwarzgeld
aus der Schweiz unbehelligt abzuziehen, und dass ihnen Geldhäuser vor
Ort dabei offensichtlich behilflich sind.
Das Kernproblem mit den Steuerdeals ist, dass sie an dem System nicht
rütteln, das Steuerflucht ermöglicht. Die Verträge mit Bern sehen die
Legalisierung von Schwarzgeldern durch Abschlagzahlungen vor. Solange
das Schweizer Bankgeheimnis unangetastet bleibt, ist ein effektiver
Kampf gegen Steuerbetrug in Europa unmöglich.
Zwar haben die Eidgenossen in den vergangenen Jahren einige
Konzessionen machen müssen. Doch bis heute gilt, dass die Schweiz
Auskunftsansuchen ausländischer Staaten nur beantwortet, wenn die
Behörden einen konkreten Verdacht auf Steuerhinterziehung verfolgen.
Aber genau dieser Verdacht kann ohne Einsicht in Bankdaten meistens
gar nicht aufkommen.
Die EU-Kommission hätte den grenzüberschreitenden Austausch von
Kontoinformationen in Europa gern etabliert. Mit der geballten
Wirtschaftsmacht aller 27 Unionsländer im Rücken hätte dafür eine
Chance _bestanden. Doch der Alleingang Deutschlands, Großbritanniens
und Österreichs machte das Unterfangen zunichte. Dabei wäre ein
geschlossenes Vorgehen derzeit mehr geboten denn je: Nach Schätzungen
des Unternehmensberaters KPMG haben allein die Italiener 180
Milliarden Euro unversteuertes Vermögen in der Schweiz geparkt.
Angesichts dieser Dimensionen könnte der Zugriff auf die
Schwarzgelder sogar in der Eurokrise eine entscheidende Rolle
spielen.
Sollte Deutschland tatsächlich aus dem Abkommen austreten, wird
Großbritannien und Österreich der zweifelhafte Verdienst zukommen,
eine ambitionierte Lösung in der EU verhindert zu haben. Das ist aus
Sicht der Regierungen in Wien und London sogar sinnvoll:
Großbritannien mit seinen undurchsichtigen Trusts leistet selbst
einen Beitrag zur Steuerkriminalität. Und Österreich hält an den
Überresten seines Bankgeheimnis fest, obwohl diese antiquierte
Einrichtung außer Steuerflüchtlingen niemandem nützt.
Ohne Deutschland im Rücken bleibt zumindest die Hoffnung, dass die EU
noch einen Anlauf unternimmt und ihren Druck auf London und Wien
erhöht. Wer weiß, was so eine CD noch alles bewirken kann.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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