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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Steuerdebatte

Geschrieben am 09-08-2012

Bielefeld (ots) - Als Steuerzahler wünscht man sich bisweilen
alttestamentarische Zeiten zurück. »Von allem, was du mir geben
wirst, werde ich dir gewisslich den Zehnten geben«, verspricht Jakob
im ersten Buch Mose dem Herrn. Zehn Prozent Abgabe auf alle
Einkünfte: Heute hieße das »Flat Tax«. Von einem solchen Steuersatz
sind wir ebenso weit entfernt wie von einer Einheitssteuer.
Freibeträge, Werbungskosten, Progression und Sonderregelungen
verwirren Laien, Experten geraten ins Grübeln. Vater Staat freut's.
Er kann an unzähligen Stellschrauben drehen und so den Bürger mal
mehr, mal weniger belasten. Die Staatsquote - also der Anteil des
Volkseinkommens, über den der Staat in irgendeiner Weise verfügt -
liegt bei nahezu 50 Prozent. SPD und Grünen, aber auch der
Linkspartei, den Gewerkschaften und Sozialverbänden reicht das nicht.
Sie trommeln für »Reichensteuer« und »Vermögensabgabe« - eine neue
Umverteilungsdebatte ist voll entbrannt. Auf den ersten Blick
erscheint das Vorhaben sympathisch. Wer beim Krawallsender RTL 2 die
Doku-Soap über Millionärsfamilie Geiss verfolgt hat, der glaubt:
Denen geht's wirklich zu gut. Die Geissens stehen aber eben nicht
stellvertretend für »die Reichen«. Eine Vermögensabgabe würde vor
allem Familienbetriebe belasten, die gerade auch in Ostwestfalen für
Beschäftigung und Wohlstand sorgen. Je mehr der Staat kassiert, desto
weniger bleibt für Investitionen und Innovationen. Dann also besser
einen höheren Steuersatz für Spitzenverdiener? Die könnten den
Aufschlag wohl verkraften. Doch was brächte das? Bliebe es bei der
Einkommensgrenze von 250 000 Euro, von der an schon jetzt für
Alleinverdiener ein Zuschlag erhoben wird, käme durch die von der SPD
vorgeschlagene Erhöhung um vier Prozentpunkte etwa eine Milliarde
Euro pro Jahr zusammen. Würde die Abgabe bereits bei mehr als 100 000
Euro erhoben, wäre es das Drei- bis Fünffache. Die Steuereinnahmen
des Staates würden bestenfalls um ein Prozent steigen. Zahlen müssten
allerdings nur diejenigen Spitzenverdiener, die ihr Einkommen nicht
durch legale Steuertricks senken oder ins Ausland abwandern können.
Nein: Gerechter wird das Steuersystem nur dann, wenn Ausnahmen
abgeschafft und jeder nach seiner tatsächlichen Leistungsfähigkeit
belastet wird. Dazu gehört auch eine schärfere Verfolgung von
Steuerhinterziehern. Auf 30 Milliarden Euro schätzt die
Steuergewerkschaft den jährlichen Schaden - ein Vielfaches dessen,
was durch den Spitzenverdienerzuschlag zu erlösen wäre. So
rechtfertigt sich auch der Ankauf weiterer Steuer-CDs durch das Land
Nordrhein-Westfalen. Das Alte Testament weist den Weg: Wer verbotene
Früchte genießt, der wird aus dem Paradies vertrieben. Das muss erst
recht für Steuerparadiese gelten.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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