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BERLINER MORGENPOST: Christine Richter über den Bundesinnenminister und seine Personalentscheidungen

Geschrieben am 30-07-2012

Berlin (ots) - Der Bundesinnenminister hat entschieden: Am Montag
entließ Hans-Peter Friedrich (CSU) den Chef der Bundespolizei und
dessen zwei Stellvertreter. Schon die dritte überaus wichtige
Personalentscheidung von Friedrich, nachdem zuvor der Chef des
Bundesamtes für Verfassungsschutz - nicht ganz freiwillig -
zurückgetreten war und der Präsident des Bundeskriminalamts - der
gerne länger geblieben wäre - nur noch bis zum Jahresende
weitermachen darf. Doch was für Friedrich und seine Getreuen aussehen
mag wie ein energisches Durchgreifen, geht zulasten der Sicherheit in
Deutschland. So stehen alle wichtigen Sicherheitsbehörden innerhalb
von wenigen Wochen ohne Chefs da, bei der Bundespolizei wird sogar
die ganze Spitze an einem Tag abgelöst. Und dies in einer Zeit, in
der das Vertrauen in die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz
sowieso erschüttert ist. Bei der Aufklärung der Taten des sogenannten
Nationalsozialistischen Untergrunds haben ja nicht nur die
Verfassungsschützer Fehler gemacht, sondern auch die
Ermittlungsbehörden wie die Landespolizeien und das BKA. Immer wieder
hat Friedrich, angesprochen auf die jetzt notwendigen Reformschritte
beim Verfassungsschutz, erklärt, er wolle die Ergebnisse einer von
ihm eingesetzten Kommmission und die der Untersuchungsausschüsse
abwarten. Warum jetzt dennoch schon die Köpfe rollen, das bleibt sein
Geheimnis. Friedrich, der das Amt des Bundesinnenministers im März
2011 nur ungern übernahm, hat inhaltlich seitdem noch keine Zeichen
gesetzt. Die Vorschläge für eine neue Sicherheitsarchitektur in
Deutschland - mit beispielsweise einer Zusammenführung von BKA und
Bundespolizei - lehnte der CSU-Mann sofort ab, ohne eigene Ideen
vorzulegen. Mit der Entlassung des gesamten Spitzenpersonals mag er
zwar nun ihm vertraute Beamte installieren, die inhaltliche Arbeit
ersetzt das jedoch nicht. Schlimmer noch: Die würdelose Entlassung
von Seeger und seinen Stellvertretern, die am Wochenende aus den
Medien davon erfahren mussten, verstärkt die Vertrauenskrise in der
Bundespolizei mit ihren rund 40.000 Beschäftigten noch. So geht ein
Dienstherr nicht mit seinen Beamten um. Und wie wenig souverän ist
es, den Chef der Bundespolizei ohne Angaben von Gründen in den
Ruhestand zu versetzen. Sicherlich kann man über Seeger geteilter
Meinung sein. Auch er hatte sich vehement gegen eine Fusion von BKA
und Bundespolizei gewehrt. Aber er hat ein Recht darauf zu erfahren,
warum er gehen musste. So viel Mumm hätte Friedrich besitzen müssen.
Der Verdacht, dass der Innenminister all die Spitzenbeamten entlässt,
um von möglichen Fehlern des Bundesinnenministeriums, das ja für die
obersten deutschen Sicherheitsbehörden zuständig ist, abzulenken,
bleibt bestehen. Und es reicht nicht aus, Personal auszutauschen.
Bundespolizei, BKA und Verfassungsschutz müssen inhaltlich neu
aufgestellt, die Zusammenarbeit und Ausbildung verbessert werden.
Dazu sollte Friedrich schnell etwas einfallen.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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