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Kapazitätsmarkt kann bis 2020 drohende Versorgungslücke in Süddeutschland schließen

Geschrieben am 28-06-2012

Düsseldorf (ots) - Bis zum Jahr 2040 müssen in Deutschland mehr
als 50 Gigawatt (GW) an Kraftwerksleistung zugebaut werden.
Insbesondere in Süddeutschland gibt es aber bereits heute akuten
Handlungsbedarf: Bis 2020 ist dort mit einer Versorgungslücke von 6
GW zu rechnen - selbst dann, wenn die verfügbaren Importkapazitäten
genutzt werden. In Norddeutschland hingegen besteht bis nach 2020
noch kein Bedarf an zusätzlichen Erzeugungskapazitäten. Der Ausbau
der Stromnetze, verfügbare wirtschaftliche Stromspeichermöglichkeiten
und Maßnahmen zum Demand-Side-Management werden den Bedarf beim
derzeitigen Marktdesign nicht kompensieren können. Hinzu kommt, dass
der Ausbau der Wind- und Solarenergie die derzeitige Situation sogar
noch verschärfen wird. Flexible Erzeugungskapazitäten wie Gas- und
Dampf-Kombikraftwerke (GuD), die die Lücke schließen könnten, sind
derzeit nicht wirtschaftlich. Dies zeigt eine aktuelle Studie der
Unternehmensberatung A.T. Kearney. Die Einführung eines
wettbewerblichen Kapazitätsmarktes schafft neue Investitionsanreize
und trägt so maßgeblich zum Gelingen der Energiewende bei.

"Betrachtet man Deutschland insgesamt, sind zwar in den nächsten
Jahren noch ausreichende Kraftwerkskapazitäten vorhanden. In
Süddeutschland werden bis 2020 jedoch Kapazitäten fehlen", sagt
Florian Haslauer, Partner bei A.T. Kearney und Leiter des
europäischen Beratungsbereiches Energiewirtschaft. Während der Studie
zufolge in Norddeutschland auch bei konservativer Betrachtung bis
2020 kein Zubau notwendig ist, besteht im süddeutschen Raum -
Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Saarland, Rheinland-Pfalz und
Thüringen - akuter Handlungsbedarf. Bereits heute ist die verfügbare
Kapazität in dieser Region nicht ausreichend, um den Spitzenbedarf
abzudecken. Dies macht Importe beziehungsweise neue Kapazitäten
erforderlich.

"Bis 2020 müssen im süddeutschen Raum mindestens 6 GW zusätzlich
erzeugt oder bedarfsseitig reduziert werden, um die
Versorgungssicherheit aufrechterhalten zu können", sagt Kurt Oswald,
Partner im Bereich Energiewirtschaft und Leiter der Studie. Neben den
aus wirtschaftlichen und Altersgründen zu erwartenden Abschaltungen
thermischer Kraftwerke in diesem Zeitraum gilt es auch, bei einem
erwarteten Stromverbrauchswachstum von 0,6 Prozent in der Region den
weiteren Wegfall von knapp 4 GW an Kernkraftkapazitäten zu
kompensieren.

"Die Folgen eines Blackouts sind nicht zu unterschätzen", so
Haslauer: "Würden zum Beispiel in Bayern für 24 Stunden die Lichter
ausgehen, entstünde ein volkswirtschaftlicher Schaden von
schätzungsweise 1,5 Milliarden Euro."

Leitungsbau und nachfrageseitige Maßnahmen nicht ausreichend

"Auch der Zubau von mehr als 9 GW an Leitungskapazitäten, die
notwendig sind, um die Integration der Windenergie zu verbessern,
wird nicht ausreichend sein", sagt Oswald und ergänzt: "Da Windstrom
nicht jederzeit verfügbar ist, ist es umso wichtiger ergänzend sicher
abrufbare Kapazitäten vorzuhalten." Heute verfügbare
Speichertechnologien wie Pumpspeicherkraftwerke tragen zur
Lastglättung bei und ersetzen somit notwendige Kapazitäten nur
eingeschränkt, wobei auch das Zusatzpotenzial in Deutschland mit 2,8
GW an Kraftwerkskapazität gering ist. Technische
Demand-Side-Management-Potenziale können bis 2020 nur geringfügig
wirtschaftlich ausgeschöpft werden und werden der A.T. Kearney Studie
zufolge keinen bedeutenden Beitrag leisten können.

"Um die Kapazitätslücke insbesondere im süddeutschen Raum zu
schließen, führt am Ausbau von Gaskraftwerkskapazitäten kein Weg
vorbei", so Oswald.

Gaskraftwerke unprofitabel - aktuelles Marktdesign ist zu
überdenken

Allerdings zeigen die Wirtschaftlichkeitsrechnungen ein düsteres
Bild. So ergibt sich Berechnungen von A.T. Kearney zufolge für eine
flexibel einsetzbare 800 Megawatt GuD-Anlage ohne
Kraft-Wärme-Kopplung ausgehend von einem Investitionsvolumen von
ungefähr 750 Millionen Euro und über die gesamte Laufzeit gesehen ein
Fehlbetrag von 300 bis 350 Millionen Euro. Dieses Ergebnis wird sich
auch in Zukunft nicht verbessern - im Gegenteil: Durch den Ausbau von
Wind und Solar wird sich die Situation noch verschärfen, da die
Betriebsstunden der Kraftwerke weiter abnehmen werden. Das kann auch
durch die erwartete Zunahme der Stunden mit Spitzenpreisen nicht
kompensiert werden.

Die Studie zeigt aber Auswege aus dem augenscheinlichen Dilemma
auf: "Das aktuelle Marktdesign, das im Wesentlichen nur der
produzierten Strommenge einen Wert beimisst, ist unter diesen
Rahmenbedingungen nicht mehr ausreichend", sagt Haslauer und ergänzt:
"Es ist daher ein Marktmodell notwendig, das entweder die jeweilige
regionale Angebots- und Nachfragesituationen besser abbildet oder ein
ergänzendes Marktdesign, das den Wert der verfügbaren Kapazität
abbildet." Flexible Gaskraftwerke werden allerdings immer
notwendiger, um die stark wachsenden Kapazitäten der erneuerbaren
Energien bereits jetzt und auch mittelfristig integrieren zu können.

Kapazitätspreise: 20.000 bis 35.000 Euro je Megawatt und Jahr

Wettbewerbliche Kapazitätsmärkte können Anreize für den Bau von
Kraftwerkskapazitäten liefern. Dies zeigt sich beispielsweise in den
USA. Dort sind Preisspannen von 20.000 bis 35.000 Euro pro Megawatt
und Jahr zu beobachten - in einzelnen Jahren und Regionen auch
deutlich mehr. "Für eine 800 MW GuD-Anlage bedeutet das auf
Deutschland übertragen Mehreinnahmen von 16 bis 28 Millionen Euro",
erklärt Oswald. Um deren wirtschaftlichen Betrieb zu garantieren,
müssten die Kapazitätszahlungen aus heutiger Sicht allerdings höher
ausfallen.

"Die Einführung eines wettbewerblichen Kapazitätsmarktes hätte
auch direkte Auswirkungen auf den Strompreis. Durchschnittlich könnte
dies zusätzlich 0,6 Cent pro Kilowattstunde ausmachen", so Oswald:
"Gemessen an der stark steigenden EEG-Umlage von derzeit 3,59 Cent
pro Kilowattstunde fällt diese zusätzliche Belastung aber eher gering
aus."

Diese Kosten könnten jedoch durch die erwartete Reduktion der
EEG-Vergütungssätze besonders bei Solar oder einer Umstellung von
einem preis- auf ein mengenbasiertes Anreizsystem für erneuerbare
Energien kompensiert werden.

Von Kapazitätsausschreibungen zu einem optionsbasierten
Kapazitätsmarkt

Für die Einführung eines wettbewerblichen Kapazitätsmarktes müssen
etwa zwei bis drei Jahre Vorbereitungszeit einkalkuliert werden - zu
lange für den süddeutschen Raum. Zunächst kann daher der Aufbau von
flexiblen und CO2-armen Erzeugungskapazitäten durch
Kapazitätsauktionen oder von definierten Kapazitätszahlungen über
einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren erfolgen. Als regulierende
Instanz sollte dabei die Bundesnetzagentur fungieren. Parallel dazu
sollte in Deutschland ein Kapazitätsmarkt aufgebaut werden, der auf
Kapazitätsoptionen basiert und der sich in zwei Kapazitätsgebiete
aufteilt. Dabei sollten alle verfügbaren Kapazitäten mit Ausnahme der
erneuerbaren Energien - aufgrund der Kostenabdeckung durch das EEG -
einbezogen werden. Das Marktdesign schafft aber auch Anreize für die
Entwicklung und den Einsatz von Stromspeichertechnologien, die mit
zunehmender Bedeutung von Solar und Wind ebenfalls immer wichtiger
werden. Zudem können Demand-Side-Management-Maßnahmen einbezogen
werden und nachfragebasierte Impulse setzen.

"Neben den klassischen Energieversorgern könnte auch die Industrie
am Kapazitätsmarkt mit Maßnahmen zur Reduktion der Spitzenlast
teilnehmen", so Haslauer und erklärt abschließend: "Ein
optionsbasierter Kapazitätsmarkt ergänzt den klassischen Energiemarkt
und deckt die Fixkosten zur Vorhaltung von Kapazität ab, wenn das der
reine Energiemarkt nicht ausreichend ermöglicht."



Pressekontakt:
Marketing & Communications
A.T. Kearney GmbH
Stefanie Hauck
Tel: +49 89 5156 8273
E-Mail: stefanie.hauck@atkearney.com
www.atkearney.de


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