(Registrieren)

DER STANDARD-Kommentar: "Mehr Licht ins Gestrüpp" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 26-06-2012

"Die Regierung muss Beraterkosten offenlegen, sonst bleibt
weiterhin vieles im Dunkeln"; Ausgabe vom 27.06.2012

Wien (ots) - Sapere aude! Wage es, zu denken - so lautet der
Wahlspruch der Aufklärung, vorgegeben von Immanuel Kant. Dem folgend
bringt das Transparenzpaket zwar mehr Licht ins Gestrüpp der
Parteienfinanzierung. Aber es reicht nicht. Dass es diese Neuregelung
gibt, ist ein Fortschritt. Die Grünen haben im Zuge der Verhandlungen
Verbesserungen im Sinne der Transparenz erreicht, indem die Grenze
für die Veröffentlichung von Parteispenden auf 3500 Euro gesenkt
wurden und auch Bezirksparteien erfasst werden. Dass SPÖ und ÖVP in
dem Punkt entgegen gekommen sind, spricht für sie.
Man braucht sich nicht neue Fälle auszudenken, sondern nur bisherige
herzunehmen, wie Karl-Heinz Grassers Homepage: Nach der Neuregelung
müsste der Financier weiterhin nicht publik gemacht werden. Warum
sind Minister nicht von der Offenlegung erfasst? Außerdem ist nicht
einzusehen, dass Geldstrafen nur bei Verstößen in Zusammenhang mit
Spenden angedroht werden, nicht aber bei Inseraten oder Sponsoring.
Soweit zu den Schlupflöchern.
Das ganze Polit-System ist aber viel undurchsichtiger, wenn man nicht
nur auf die Einnahmenseite sondern auch auf den Ausgabenbereich
blickt. Im Zuge des U-Ausschusses, durch parlamentarische Anfragen
und diverser Rechnungshofberichte kommen Beraterhonorare ans Licht
und Summen, bei denen man sich fragt: Was war die Leistung? Es drängt
sich der Eindruck auf: Ohne Berater läuft gar nichts.
Beispiele aus dem Innenministerium: Die Firma Headquarter, die vom
früheren Kabinettschef des einstigen Innenministers Ernst Strasser
geführt wird, bekam 191.868 Euro für eine "Werbeoffensive der
Polizei". Für "strategisch-politische Beratung der Bundesministerin"
- damals Maria Fekter - wurden zwischen Juni 2009 und Oktober 2011
insgesamt 248.315,52 Euro ausgegeben. In Zusammenhang mit dem
Blaulichtfunk wurden 28 Beraterverträge in Höhe von einer Million
Euro vergeben.
Zufällig sind es häufig ehemalige Ministeriumsmitarbeiter, die sich
als Berater selbständig gemacht haben - oder als Beamte karenziert
sind, wie Strassers Ex-Kabinettschef Christoph Ulmer. Wie viel diese
Form der Mitarbeiter- oder Freunderlwirtschaft kostet, bleibt im
Dunkeln. Die Steuerzahler haben ein Anrecht zu wissen, für welche
Leistung die Regierung Geld ausgibt. Wenn Firmen direkt an Berater
für die Vermittlung von Ministeriumsaufträgen Provisionen überweisen,
wird man - wie hoffentlich im Fall Mensdorff-Poilly - nur in
Einzelfällen Aufklärung erhalten.
Intransparenz herrscht nicht nur auf Bundesebene: Auch die
steirischen "Reformpartner" SPÖ und ÖVP weigern sich bekannt zu
geben, an wen insgesamt 25 Millionen Euro an Beratungshonoraren in
den vergangenen Jahren geflossen sind.
Nicht viel nachzudenken braucht man, warum SPÖ und ÖVP die
Parteienförderung mit ihrer Transparenzinitiative gekoppelt haben:
Für die gläsernen Kassen werden die Steuerzahler zur Kasse gebeten.
Spenden, die den Parteien durch die neuen Offenlegungspflichten
entgehen, sollen kompensiert werden. Die Neuregelung beschert
Parteien außerhalb eines Nationalratswahljahres fast eine
Verdoppelung der bisherigen Förderungen - und damit einen Rekord in
Europa. Das ist schamlose Selbstbedienung und stellt die Bemühungen
um mehr Transparenz in den Schatten.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

403405

weitere Artikel:
  • Südwest Presse: Kommentar zur Arzneimittelvergabe Ulm (ots) - Eine bunte Pille, und schon sind alle Probleme wie weggeblasen - dieses Rezept hört sich zu schön an, um wahr zu sein. Bei Frauen wird es offenbar besonders häufig angewandt. Wie sonst wäre zu erklären, dass sie zwei- bis dreimal so häufig Psychopharmaka verordnet bekommen als Männer. Dass das angeblich schwache Geschlecht so viel mehr mit psychischen Problemen zu kämpfen haben soll, klingt wenig plausibel. Sie geben sie nur häufiger zu - gegenüber sich selbst und gegenüber ihrem Arzt. Mediziner reagieren gereizt, wenn mehr...

  • FT: Flensburger Tageblatt Flensburg (ots) - Schlaftabletten, Tranquilizer, Anti-Depressiva - vor allem Frauen sind es, denen diese Medikamente verschrieben werden. Und immer häufiger ist diese Praxis der Einstieg in eine Medikamentensucht. Doch mit einseitigen Schuldzuweisungen ist es nicht getan. Sicherlich: Verantwortungsvolle Ärzte sind gefragt. Sie dürfen nicht leichtfertig Medikamente verschreiben, wo Psychotherapien sinnvoller wären. Jenseits davon ist die steigende Medikamentensucht bei Frauen und die hohe Verschreibungsbereitschaft der Ärzte ein mehr...

  • Rheinische Post: Erdogan riskiert viel = Von Matthias Beermann Düsseldorf (ots) - Ein Krieg mit Syrien ist gewiss keine Wunschvorstellung der türkischen Regierung. Trotzdem ist ein bewaffneter Konflikt zwischen dem Assad-Regime und dem Nato-Mitglied Türkei seit gestern erheblich wahrscheinlicher geworden. Nach dem Abschuss eines türkischen Kampfjets durch die syrische Flugabwehr wird es zwar keine Vergeltungsaktion geben. Der türkische Ministerpräsident Erdogan kündigte aber an, dass sein Land bei weiteren Übergriffen künftig sofort zurückschießen will. Damit geht er ein erhebliches Risiko mehr...

  • Rheinische Post: Plan mit Schlagseite = Von Birgit Marschall Düsseldorf (ots) - Vier Präsidenten von vier europäischen Institutionen haben ein Konzept für ein Europa der Zukunft geschrieben. EU-Ratspräsident Van Rompuy, Komissionspräsident Barroso, EZB-Chef Draghi und Eurogruppen-Chef Juncker wollen eine Fiskalunion und eine Bankenunion im Euro-Raum schaffen, die mit dem Einstieg in die gemeinschaftliche Schuldenhaftung der Staaten einhergehen. Dass auf dem kommenden EU-Gipfel eine Debatte über weitere notwendige Integrationsschritte der EU begonnen wird, ist sicher nicht falsch und wird mehr...

  • Rheinische Post: Rauchverbot wie in Bayern = Von Detlev Hüwel Düsseldorf (ots) - Als erstes größeres Vorhaben bringt das neue rot-grüne Kabinett die Novelle zum Nichtraucherschutz auf den Weg. Es handelt sich um einen rigorosen Entwurf, der - genauso wie in Bayern - kein Hintertürchen mehr offenlässt. Nicht einmal zu Karneval oder zur Kirmes soll es Ausnahmen geben. Muss das wirklich so sein? Die schwarz-gelbe Regierung, die 2008 das erste Nichtraucherschutzgesetz in Kraft gesetzt hat, ließ sich noch von dem Gedanken leiten, dass es eng umrissene Raucher-Freiräume in der Gastronomie geben soll. mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht