(Registrieren)

WAZ: Jetzt haben die Bürger Klarheit - Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 13-05-2012

Essen (ots) - Hannelore Kraft, die Kümmererfrau von der SPD, hat
über die CDU triumphiert wie Borussia Dortmund über Bayern München.
Die Spitzenfrau aus dem Revier kann nicht nur Deutschlands
bevölkerungsreichstes Bundesland weiter regieren. Sie kann dabei,
endlich keine Minderheitsregierung mehr, nicht nur auf eine stabile
Koalition mit den Grünen bauen. Sie hat auch die Linkspartei, dieses
Hartz-Vier-Trauma der SPD, aus dem Landtag herausgehalten. Aber: Von
jetzt an muss Kraft tatsächlich auch liefern. Macht und Verantwortung
sind schließlich die beiden Seiten derselben Medaille. In der
"Koalition der Einladung", wie sie ihre Minderheitsregierung
romantisiert hatte, konnte sie die Verantwortung eben auch bei
anderen abladen. Sie konnte sich Mehrheiten mal bei der CDU, dann
wieder bei der FDP oder eben auch bei der Linkspartei besorgen. Diese
Zeit der Optionen ist jetzt vorbei. Für den Bürger ist das gut: Er
bekommt mehr Klarheit. Klarheit hat jetzt auch die NRW-CDU. Darüber,
dass der als Hoffnungsträger angetretene Bundesminister Norbert
Röttgen definitiv der falsche Kandidat war. Zum zweiten Mal hat es
die CDU mit einem Import aus der Bundespolitik versucht, zum zweiten
Mal ist sie damit gescheitert. Entscheidend, das ist die Lehre aus
diesem Debakel, ist eben nicht vermeintliche Prominenz, sondern
Leidenschaft in der Sache, gepaart mit einer guten Portion
Patriotismus. Beides hat Röttgen vermissen lassen, obwohl er aus NRW
stammt und dort wohnt. Noch nie hat ein Kandidat für ein Spitzenamt
in so kurzer Zeit so viele Fehler gemacht wie Röttgen. Kaum
nominiert, hat er wissen lassen, sich erst noch überlegen zu wollen,
im Falle einer Niederlage zur Landes-CDU zu stehen. Er hat seinen
eigenen Sparkurs, sein Hauptthema im Wahlkampf, verraten, als er die
Wiedereinführung von Studiengebühren ebenso kassierte wie Beiträge
für das dritte Kita-Jahr. Gescheitert ist nicht nur der
CDU-Landesvorsitzende, gescheitert auch der Mann, der Kanzler werden
wollte. Mit einem solchen Debakel kann sich Röttgen alle
weitergehenden bundespolitischen Ambitionen abschminken. Ja, er kann
sogar froh sein, wenn er Umweltminister in Berlin bleiben kann.
Röttgen weint, Christian Lindner lacht. Einem Wunderdoktor gleich hat
er die Liberalen aus der Versenkung geholt. Der beste Rhetoriker von
allen, mit klaren Botschaften gegen SPD, CDU, Grüne und Piraten, hat
er geschafft, wozu wohl nur er in der Lage war und ist. Es ist die
Rückkehr eines Hoffnungsträger, und FDP-Chef Philipp Rösler sieht nun
ungefähr doppelt so alt aus wie er tatsächlich ist. Würde Lindner nun
auch den FDP-Bundesvorsitz für sich reklamieren, es käme wohl zum
Durchmarsch. Aber Lindner hat sich, anders als Röttgen, dem Land
verschrieben. Mit Lust wird er die Liberalen in der Opposition
führen. Und bei der Schwäche der CDU wird es nicht lange dauern bis
klar ist, wer hier im Landtag der Oppositionsführer ist: eben
Christian Lindner. Und Berlin? Angela Merkel wird nicht einmal
zucken. Und sie hat gute Argumente, den Alleinverantwortlichen in
Düsseldorf zu suchen. Verloren hat die CDU in NRW schließlich gegen
den Bundestrend. Am Ende steht die Kanzlerin einmal mehr als Frau da,
die mehr zu bieten hat als so mancher "ihrer" Männer. Angela Merkel
ist eben ein anderes Kaliber als Norbert Röttgen. Jedenfalls ist
"Mutti" ihren "Klügsten" einstweilen los.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

395292

weitere Artikel:
  • Peter Altmaier (CDU): "Das geht bis ans Mark unserer Partei" Bonn (ots) - Bonn/Berlin, 13. Mai 2012 -Peter Altmaier, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, erklärte zum Wahlausgang in NRW gegenüber PHOENIX: "So ein dramatisches Ergebnis hatten wir in unseren schlimmsten Befürchtungen nicht vorhergesehen. Das hat die CDU in NRW nicht verdient - NRW ist traditionell eine gute Umgebung für die CDU. Insofern schmerzt es uns wenn wir zum ersten Mal nach dem Krieg unter 30 Prozent rutschen. Das geht bis ans Mark unserer Partei." Alle PHOENIX-Pressehinweise finden Sie mehr...

  • NRZ: Nah bei den Menschen - Leitartikel zur NRW-Wahl von Rüdiger Oppers Essen (ots) - Rot-Grün kann in NRW weiterregieren und einen großen Wahlsieg feiern. Der Riesenerfolg der SPD hat einen Namen: Hannelore Kraft. Die Ministerpräsidentin hat vielen Menschen im Land das "Johannes-Rau-Gefühl" zurückgegeben. Wie zu Zeiten des noch heute bewunderten Ministerpräsidenten Rau ist die Sozialdemokratie wieder eindeutig die stärkste Partei im Land, auch weil die Bürger der Regierungschefin glauben: das ist eine, die sich kümmert. "Nah bei den Menschen", unbestritten eine Floskel, aber Hannelore Kraft nimmt man mehr...

  • Südwest Presse: KOMMENTAR · NRW-WAHL Ulm (ots) - Gestillte Sehnsüchte Welche personellen Erschütterungen die Wahl in Nordrhein-Westfalen auslöst, wird sich weisen. Klar ist dreierlei: Erstens rückt die alle und alles überstrahlende Wahlsiegerin Hannelore Kraft endgültig in die Riege des SPD-Spitzenpersonals auf. Kanzler-Kandidatin gar? Aus der Troika Gabriel-Steinbrück-Steinmeier ist ein Quartett geworden, ob die 50-Jährige nun will - oder nicht, wie sie im Scheinwerferlicht glaubwürdig betonte. Öffentliche Erwartungen und auch partei-interne haben freilich schon mehr...

  • Sahra Wagenknecht (Die Linke): "Wir dürfen nicht so weiter machen wie bisher" Bonn (ots) - Bonn/Berlin, 13. Mai 2012 - Die stellvertretende Vorsitzende der Linken, Sahra Wagenknecht, begründete das schlechte Abschneiden der Linken bei den NRW-Wahlen gegenüber PHOENIX mit der geringen Wahlbeteiligung: "Wir haben das Phänomen, dass die Leute, denen es richtig schlecht geht, überhaupt nicht mehr zur Wahl gehen. Wir müssen die Menschen, die jeden Glauben an die Demokratie verloren haben, motivieren, zur Wahl zu gehen. Wir haben jetzt ein Tief. Das muss man deutlich analysieren. Wir dürfen nicht so weiter machen mehr...

  • Christian Lindner (FDP): Steuersenkungen passen nicht in unsere Zeit Bonn (ots) - Bonn/Düsseldorf, 13. Mai 2012 - Christian Lindner, Spitzenkandidat der FDP in NRW, erklärte zum guten Wahlausgang für die FDP in NRW gegenüber PHOENIX: "Wir sind die bürgerliche Alternative zu Rot-Grün. Das war offensichtlich für viele wieder attraktiv." Er erteilte der Steuersenkungspolitik eine Absage: "Steuersenkungen passen nicht in unsere Zeit." Als Grund für das schlechte Ergebnis der CDU sieht er ihre Wahlkampfstrategie: "Die Union hat an vielen Stellen keine bürgerliche Politik gemacht, ich nenne hier nur mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht