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"Schultrojaner": DPHV hält "Beschnüffelungsaufforderung" an Schulleitungen für unzulässig!

Geschrieben am 13-04-2012

Berlin (ots) - In scharfer Form hat sich der Bundesvorsitzende des
Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, gegen die
Praxis in einzelnen Bundesländern wie z.B. Sachsen, Thüringen und
Niedersachsen gewandt, von Schulleitungen die Überprüfung sämtlicher
Dateien auf Schulrechnern dahingehend zu verlangen, ob darauf
unrechtmäßige digitale Kopien gespeichert seien.

Bekanntlich hatten sich die Kultusminister in einem Gesamtvertrag
mit den Bildungsmedien vor einem Jahr unter anderem dazu
verpflichtet, mittels einer Spähsoftware ("Schultrojaner") in einem
Teil der Schulen in allen Bundesländern nach unerlaubten
Digitalisaten zu suchen, weil Lehrkräften generell die Anfertigung
digitaler Kopien aus erworbenen Schulbüchern nicht gestattet ist. Da
diese noch nicht entwickelte Plagiatssoftware auf größte Bedenken von
Datenschützern und des Bundesjustizministeriums stößt, suchen einige
Bundesländer offensichtlich nach Alternativen, um ihren vertraglichen
Verpflichtungen nachzukommen.

Aktuell hat gerade die niedersächsische Landesschulbehörde alle
bislang säumigen Schulleitungen aufgefordert, diese Überprüfung
umgehend durchzuführen.

"Von den Schulleitungen werden damit eine Vorgehensweise und eine
Erklärung gefordert, denen sie gar nicht nachkommen können. Für die
Abgabe der Erklärung müssten sie alle Dateien und Ordner von
Lehrkräften und Schülern auf allen lokalen und externen Schulrechnern
durchforsten, wozu sie weder in der Lage noch berechtigt sind.
Einerseits stehen den Schulleitungen dazu die erforderlichen
technischen Hilfsmittel nicht zur Verfügung, zum anderen würden
dadurch die Persönlichkeitsschutzrechte von Lehrkräften massiv
verletzt!", erklärte der DPhV-Bundesvorsitzende.

Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der
SPD-Bundestagsfraktion lasse sich zudem - so Meidinger - der Schluss
ziehen, dass auch auf Schulleitungen Schadensersatzforderungen
zukommen könnten, wenn sich abgegebene Erklärungen nachträglich als
falsch erweisen.

Der Verbandschef hält auch nichts davon, dass die Schulleitungen
den Schwarzen Peter an die Lehrkräfte weiterreichten, indem sie von
diesen eigene Erklärungen verlangten. "Zum einen fehlt für die
verpflichtende Einforderung einer solchen Erklärung durch die
Dienstvorgesetzten die gesetzliche Grundlage, zum anderen sind auch
Lehrkräfte nicht in der Lage zu erkennen, ob sich nicht in der ein
oder anderen aus dem Internet heruntergeladenen Datei ein Digitalisat
verbirgt!", so Meidinger.

Für völlig unsinnig hält der Philologenverbandsvorsitzende die
Anweisung des Thüringer Bildungsministeriums, dass alle Lehrkräfte
eine Übersicht führen müssten, "in der fortlaufend eingetragen wird,
was, wann, aus welcher Quelle in welcher Anzahl kopiert wurde."
Meidinger dazu: "Das ist Monster-Bürokratismus in Reinkultur, der
Lehrkräfte genau von dem abhält, was sie eigentlich tun sollten:
Unterricht halten und diesen gut vor- und nachbereiten!"

Er erinnerte daran, dass das ungelöste Grundproblem nach wie vor
darin bestehe, dass in Zeiten moderner Medien ein Vertrag mit den
Rechteinhabern, der nur analoge Kopien in gewissen Grenzen zulasse,
digitale aber komplett untersage, keinen großen Sinn mache. "Wenn ich
als Lehrer aus einem Schulbuch eine Tabelle analog herauskopiere,
diese dann ausschneide und in ein Arbeitsblatt einklebe und für die
Klasse nochmals analog kopiere, dann darf ich das. Wenn ich aber, wie
es sich heute anbietet, diese Tabelle auf meinem Computerarbeitsplatz
einscanne und digital in mein Arbeitsblatt einbinde, stehe ich als
Lehrer mit einem Bein im Gefängnis! Das kann man doch keinem
begreiflich machen!"

Meidinger appellierte dringend an alle Kultusministerien, die für
die nächsten Wochen anberaumten Gespräche der Kultusministerkonferenz
mit den Schulbuchverlagen abzuwarten und alle Überprüfungsanweisungen
auszusetzen.



Pressekontakt:

DPhV - Deutscher Philologenverband
Eva Hertzfeldt
Pressesprecherin
Telefon: 030 - 40 81 67 89
Mobil: 0172 - 305 08 67
EMail: presse@dphv.de


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