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Gemeinden im Niger: "Unsere Vorräte werden vor der nächsten Ernte aufgebraucht sein" / Gebergemeinschaft muss jetzt handeln, um humanitäre Katastrophe zu verhindern

Geschrieben am 21-03-2012

Niamey (ots) - 70 bis 90 Prozent der Menschen im Westen und Osten
des Nigers gaben bei einer Befragung an, dass ihre Nahrungsvorräte
vor der nächsten Ernte aufgebraucht sein werden. 100 Prozent der
Gemeinden bestätigten, dass sie bereits jetzt ihre Mahlzeiten
reduzieren, weil sie nicht genügend zu essen haben. Dies ist das
Ergebnis einer Studie des Assessment Capacities Projects (ACAPS) und
des Emergency Capacity Building Projects (ECBP), einer Koalition
internationaler Hilfsorganisationen, darunter CARE, Oxfam, Plan
International, Save the Children und World Vision. Die Studie, an der
sich auch das Welternährungsprogramm WFP sowie die nigrische
Regierung beteiligten, ist der jüngste Beweis dafür, dass dem Niger
und weiteren Teilen der Sahelzone eine humanitäre Katastrophe droht,
wenn die internationale Gemeinschaft jetzt nicht rechtzeitig Mittel
für Nothilfe und Vorsorge bereitstellt.

"In den Dörfern sehen wir immer mehr Mütter, die ihren Kindern nur
noch einmal am Tag etwas zu essen geben können. Wir können nicht
länger warten. Bald wird es nur noch eine Mahlzeit alle zwei Tage
geben, dann hungern die Kinder und leiden unter Verkrüppelung und den
lebenslangen körperlichen Folgen der Mangelernährung", warnt Johannes
Schoors, CARE-Länderdirektor im Niger. "Viele Familien haben sich
noch nicht von den Dürren der Jahre 2005 und 2010 erholt. Sie
brauchen jetzt Hilfe." Die sogenannten "Hungermonate", in denen die
Menschen in der Region ihre Mahlzeiten reduzieren müssen, beginnen
normalerweise nicht vor Mai oder Juni. Aber die befragten Gemeinden
in Diffa und Tillabéri melden bereits jetzt Engpässe - ein deutliches
Signal dafür, dass sich die Situation noch verschlimmern wird.
Wichtigste Ergebnisse der Befragung:

- 100 Prozent der Familien geben an, die Zahl ihrer
täglichen Mahlzeiten bereits reduziert zu haben.
- Zwischen 70 und 90 Prozent der Menschen schätzen, dass
ihre Nahrungsvorräte vor der nächsten Ernte aufgebraucht
sein werden.
- Bauern und Viehzüchter nennen die diesjährige Ernte
doppelt so schlecht wie die von 2009, als eine
katastrophale Dürre und hohe Lebensmittelpreise zu einer
landesweiten humanitären Katastrophe führten.
- Ein Viertel der befragten Gemeinden bestätigte, dass
Kinder nicht mehr in die Schule gehen, weil Familien auf
der Suche nach Arbeit wegziehen, die Schulkantinen
geschlossen wurden oder die Kinder selbst arbeiten müssen.
- Die Menschen im Niger sind gezwungen, ihre Nutztiere zu
verkaufen, um sich Essen leisten zu können. So aber wird
der Markt übersättigt und die Preise für Vieh sinken
drastisch.
- 97 Prozent der Gemeinden gaben an, dass die zu magere
Produktion von Tierfutter sie vor ernste Probleme stellt.
- Schätzungsweise 80 Prozent der Befragten haben nicht genug
Saatgut, um für die nächste Anbausaison zu säen. Das
bedeutet im schlimmsten Fall ein weiteres Jahr Hunger.
- Knapp ein Drittel der Bevölkerung ist in Folge der
Missernte von 2009 immer noch verschuldet

Die Situation im Niger wird dadurch erschwert, dass einige
Nachbarstaaten mit einer instabilen Sicherheitslage zu kämpfen haben.
So fliehen etwa aus Mali viele Menschen in den Niger, was für die
ansässige Bevölkerung und die wenigen Ressourcen eine zusätzliche
Belastung bedeutet. Gastarbeiter, die normalerweise ihre Familien aus
dem Ausland unterstützten, kehrten in den letzten Monaten mit leeren
Händen aus Nachbarländern in den Niger zurück. "Die Menschen kommen
hier völlig erschöpft und hungrig an und benötigen das
Lebensnotwendigste. Aber der Niger kann die Flüchtlingsströme nicht
mehr bewältigen. Die Versorgung der Flüchtlinge bringt viele Familien
an die Grenzen ihrer Überlebensfähigkeit", so Chris Palusky, World
Vision-Nothilfekoordinator für Mali und Niger. "Arme Dörfer sind mit
den Flüchtlingsströmen überfordert, vielerorts hat sich die
Bevölkerung in wenigen Monaten versiebenfacht. Die Flüchtlinge leben
in überfüllten Häusern und Notunterkünften. Es ist ein Rennen gegen
die Zeit, um die Gastfamilien zu unterstützen, bevor sie unter der
Belastung zusammenbrechen. Eine umfangreiche und schnelle Hilfe wird
nicht nur Leben retten, sondern auch die Gemeinden stärken, die schon
jetzt die Hauptlast dieser Katastrophe tragen." In der gesamten
Sahelzone in West- und Zentralafrika sind rund 13 Millionen Menschen
vom Hunger bedroht, darunter allein eine Million Kinder, denen starke
Mangelernährung droht. Unregelmäßige Regenfälle, Pflanzenkrankheiten
und Heuschreckenplagen zerstörten 2011 ganze Ernten und damit die
lebenswichtigen Vorräte für die Hungermonate in diesem Jahr. Im Niger
alleine sind mehr als sechs Millionen Menschen vom Hunger bedroht,
knapp zwei Millionen benötigen dringend unmittelbare Nahrungshilfe.
"Die Menschen im Niger stehen gleich vor mehreren Krisen. Wir sind
dieses Jahr Zeugen einer tödlichen Mischung verschiedener Ereignisse,
die Familien im ganzen Land betreffen. Nach mehreren Krisen seit 2005
sind die meisten Bewältigungsstrategien bereits überstrapaziert.
Tausende Menschen sind an ihrem absoluten Limit angekommen", sagt
Samuel Braimah, Oxfam-Länderdirektor im Niger. "Das Schlimmste könnte
noch verhindert und tausende Menschenleben gerettet werden, wenn wir
jetzt handeln. Es ist eigentlich ganz einfach." Auf der Grundlage der
Studie empfehlen die sieben Hilfsorganisationen folgendes:

- Die Gebergemeinschaft muss die notwendigen Mittel dafür
freigeben, direkte Nahrungshilfe für diejenigen Familien
zur Verfügung zu stellen, die bereits jetzt vor dem Nichts
stehen. Gleichzeitig muss verhindert werden, dass die Zahl
der hungernden Menschen weiter steigt. Die Erfahrung
zeigt, dass unnötiges Warten zu mehr Todesfällen, dem
Verlust der Lebensgrundlage führt nd erheblich höhere
Kosten der Nothilfe verursacht.
- Schnelles Handeln ist vor allem im Kampf gegen
Nahrungsunsicherheit und Mangelernährung gefragt,
besonders für Kinder unter zwei Jahren, ältere Menschen
und für schwangere und stillende Frauen. Auch den
besonderen Bedürfnissen von Viehzüchtern muss Sorge
getragen werden.
- Dies ist eine chronische Krise, deren Ursachen
vielschichtig sind. Die Antwort darauf muss in der
Zusammenarbeit mit lokalen Regierungen liegen, um die
Risiken auf Gemeindeebene zu vermindern. Nur so können
Familien widerstandsfähiger gegenüber Nahrungsknappheit
und Dürre werden und in Zukunft ähnliche Krisen besser
überstehen.

Die komplette Studie kann unter www.acaps.org heruntergeladen
werden.

ACHTUNG REDAKTIONEN: CARE-Länderdirektor Johannes Schoors
(englischsprachig) und der regionale CARE-Koordinator Uwe Korus
(deutschsprachig) stehen für Interviews aus dem Niger und aus Mali
zur Verfügung. Bei Interesse melden Sie sich bitte bei der
Pressestelle (0176-70330114).

CARE ist Mitglied im Bündnis Aktion Deutschland Hilft (ADH), dem
Zusammenschluss renommierter deutscher Hilfsorganisationen, die im
Falle großer Katastrophen ihre Kräfte bündeln, um gemeinsam schnelle
und effektive Hilfe zu leisten. CARE ruft im Verbund mit ADH zu
Spenden auf: Spendenkonto: 10 20 30, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ
370 205 00



Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
CARE Deutschland-Luxemburg e.V.
Sabine Wilke
Telefon: 0228 / 97563 46
Mobil: 0151 / 147 805 98
E-Mail: wilke@care.de


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