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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Merkels Koalition/Griechenland

Geschrieben am 27-02-2012

Bielefeld (ots) - Das zweite Griechenland-Paket durchgewinkt, die
Kanzlermehrheit aber klar verfehlt: Erstmals ist der beklagenswerte
Zustand der schwarz-gelben Bundesregierung auch im
Abstimmungsverhalten der Parlamentarier deutlich messbar. Angela
Merkel hat immer größere Mühe, CDU, CSU und FDP beieinander zu
halten. Nicht aus Überzeugung, nur noch aus Mangel an Alternativen
lautet das Motto dieser Koalition: weitermachen, immer weitermachen.
Dabei lassen die jüngsten Eskapaden von Schwarz-Gelb tief blicken.
Die Koalition taumelt von Peinlichkeit zu Peinlichkeit. Eine liefert
der Vizekanzler, die nächste der Innenminister. Nein, ein
gedeihliches Miteinander, das mehr ist als ein bloßes
Lippenbekenntnis, bekommen Union und FDP nicht zustande. Auch
zweieinhalb Jahre nach der letzten und damit gerade einmal eineinhalb
Jahre vor der nächsten Bundestagswahl wird man das Gefühl nicht los,
dass sich Christdemokraten, Christsoziale und Liberale in zu vielen
Punkten fremdgeblieben sind. Aus der so lange herbeigesehnten
Wunschkoalition ist nicht etwa ein funktionierendes Zweckbündnis,
sondern eine Zwangsehe geworden. Egal, ob der Vorstoß von Hans-Peter
Friedrich, Griechenland aus der Euro-Zone zu komplimentieren, nun
ernst gemeint war oder bloß ein taktisches Manöver zur Befriedigung
der Euro- und Europa-Kritiker sein sollte: Diese Wortmeldung des
CSU-Mannes spricht ebenso Bände wie sein hastiges Zurückrudern
gestern. Genutzt hat es nichts, das Porzellan ist zerdeppert. Zu
anderen Zeiten hätten solche Winkelzüge eines Ministers mit einiger
Wahrscheinlichkeit und vollkommen zu Recht zu der Frage geführt, ob
da der richtige Mann im Amt ist. Doch das kann sich Angela Merkel
nicht leisten, weil spätestens nach zu Guttenberg und Wulff das Maß
an Rücktritten für ihre Regierung schon übervoll ist. So wird
deutlich, dass Merkels Macht innerhalb der Koalition lange nicht so
weit reicht wie ihr Einfluss auf internationaler Bühne. Die erste
Frau Europas, auf der alle Hoffnung ruht, muss sich daheim von ihren
Koalitionspartnern - einer am Boden liegenden FDP und einer
selbstverliebten CSU - an der Nase herumführen lassen. Was für eine
Ironie! Dazu passt auch, wie FDP-Chef Philipp Rösler seinen Coup um
die Kür von Joachim Gauck ausschlachtet. Damit auch ja alle merken,
dass er die Kanzlerin aufs Kreuz gelegt hat. In einem an Peinlichkeit
nicht zu überbietenden Vergleich stellt Rösler Merkel als Frosch dar
und merkt nicht, was er für einen Unsinn quakt. Keine Frage: Auch in
einer Regierungskoalition denkt jede Partei zuerst an sich. Doch was
Schwarz-Gelb an Neid, Missgunst und Häme im Umgang miteinander zur
Schau stellt, hat nichts mit gesundem Selbstbewusstsein und normaler
Konkurrenz, sondern viel mit Verzweiflung, Verachtung und
gegenseitigem Misstrauen zu tun. Fragt sich, wo da der Respekt der
Wähler herkommen soll.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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