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Westfalenpost: Syriens Tote und das Versagen des Westens Der Zeigefinger steht uns nicht

Geschrieben am 07-02-2012

Hagen (ots) - Stellen Sie sich einmal vor, Sie wären Präsident in
einem Land, das keine Zivilgesellschaft kennt, sondern nur
Volksstämme, religiöse Gruppen, Stadtgesellschaften und Clans
zwischen Euphrat und Mittelmeer. Ein Sammelsurium an Minderheiten -
von uralten christlichen Kirchen bis zu islamischen Sekten - lebt in
diesem Land, dessen Grenzen willkürlich gezogen wurden. Ein solches
Land würden wir für unregierbar halten. Syrien ist aber über mehr als
vier Jahrzehnte stabil regiert worden, auch wenn Stabilität einen
höchst zynischen Unterton hat. Denn eine alte Regel des Orients hat
hier sehr lange funktioniert: Man lasse eine kleine Minderheit über
die Mehrheit herrschen. Die Minderheit wird sich mit der Mehrheit
nicht ernsthaft anlegen. Deswegen ging das mit der alawitischen
Familie Assad und ihrem säkularen Regime so lange gut.

Der
Feind Israel hielt die Syrer zusammen, und ein beachtlicher Wohlstand
die Bevölkerung ruhig. Die Boutiquen von Damaskus liefen zeitweise
denen von Beirut den Rang ab. Der Westen schaute dem mit Wohlgefallen
zu. Das syrische Regime war verlässlich gegen die islamistischen
Eiferer in anderen Ländern. Es war bei aller Aggressivität gegen
Israel dennoch berechenbar und anders als der irrlichternde Iran
nicht der Abenteuerlust verdächtig. Und es ließ den Christen einen
bescheidenen, aber gesicherten Spielraum. Also schaute niemand genau
hin, als Baschar nach dem Tod seines Vaters zunächst politische
Lockerung versprach und im Stile orientalischer Herrscher die alten
Garden durch treue Paladine ersetzte.

Schon seit Monaten fließt
Blut in Syrien, aber die Vorgänge in Ägypten schienen wichtiger zu
sein. Jetzt zeigt der Westen empört auf die bösen Buben Russland und
China. Plötzlich entdecken wir syrische Agenten in Berlin. Das ist
alles offenkundig heuchlerisch und von peinlicher Doppelmoral. Der
Zeigefinger steht uns nicht, nachdem wir 40 Jahre gute Miene zum
bösen Spiel gemacht haben. Die syrischen Oppositionellen, die seit
Jahrzehnten unter uns leben und mit Mühe und Not ihr Asylverfahren
überstanden, kennen die Wahrheit.



Pressekontakt:
Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174160


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