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Börsen-Zeitung: Zauderkünstler, Kommentar zu Griechenland von Detlef Fechtner

Geschrieben am 31-01-2012

Frankfurt (ots) - Wenn Kommentatoren nichts mehr einfällt, wofür
sie Politiker kritisieren können, dann halten sie ihnen oft
Zögerlichkeit oder Verzagtheit vor: Warum nicht früher, konsequenter,
beherzter, entschlossener?

In der Debatte über die Staatsschuldenkrise, die sich länger schon
hinschleppt als andere Krisen, taucht der Vorwurf der Halbherzigkeit
und Unentschlossenheit gegenüber Europas Regierungspolitikern
besonders häufig auf. Die Gescholtenen wiederum wehren sich und
verweisen auf die Rekordzeiten, in denen sie Pakete geschnürt und
Pakte geschlossen haben.

Und wer hat nun Recht? Beide Seiten. Die pauschale Anklage an die
Politik, sie bewege sich nicht flink genug, ist wenig überzeugend.
Das oft bemühte Bild von den Trippelschritten passt beispielsweise
nicht zu dem Tempo, mit dem sich fast alle Staaten Europas in
Richtung mehr haushaltspolitische Disziplin bewegen. Man mag die
rechtliche Bindungskraft des ohne Briten und Tschechen beschlossenen
Fiskalpakts in Zweifel ziehen - und man kann durchaus skeptisch sein,
was die angestrebte Überführung des Pakts in EU-Vertragsrecht angeht.
Aber es gibt wenig Grund, den Regierungen Trägheit oder gar mangelnde
Einsicht in die Notwendigkeiten zu unterstellen.

So weit zu ihrer Verteidigung. Ganz abwegig ist der Vorwurf des
Zauderns nach dem jüngsten Euro-Gipfel jedoch nicht. Denn für die
Vertagung des Griechenland-II-Pakets fehlen überzeugende Gründe -
zumindest wenn es wirklich so ist, wie es die Regierungschefs
beteuern, nämlich dass hohes Interesse an einer geordneten Lösung für
Hellas besteht. Auf die privaten Gläubiger muss dazu niemand mehr
warten. Ihr Beitrag ist abrufbar - und dieser wird auch in weiteren
Verhandlungen nicht mehr viel größer. Die zweite Variable ist
ebenfalls relativ klar: Griechenland soll realistische Chancen haben,
die Schuldenquote bis 2020 auf 120% zu drücken. Nicht nur, weil das
für die Tragfähigkeit der Finanzen wichtig ist. Sondern auch, weil
der IWF sonst aussteigt und damit die Architektur der Euro-Rettung
zusammenbricht. Bleiben zwei andere Stellschrauben. Erstens ein
möglicher Aufschlag beim zweiten Hilfsprogramm um zehn oder 15 oder
20 Mrd. Euro. Zweitens eine konkrete Zusage der Griechen, wie sie ihr
Reformprogramm zurück auf Spur bringen wollen.

Beides wäre beim Gipfel möglich gewesen. Es ist nun unklar, worauf
die EU wartet. Lange zu zaudern, ist gefährlich. Verzagen und
versagen liegen spätestens Mitte Februar nah beieinander.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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