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NRZ: Bevor alles vergessen ist - Kommentar zur Rede Marcel Reich-Ranickis. Von Rüdiger Oppers

Geschrieben am 27-01-2012

Essen (ots) - Obwohl wir in Zeiten unentwegt herumfliegender
Worthülsen leben, können politische Reden doch etwas bewegen. Es
kommt darauf an, wer spricht. Marcel Reich-Ranicki hat uns gestern
ins Gewissen geredet und viele Menschen berührt. Mit leiser Stimme
hat er geschildert, wie wir Deutschen Tod, Unheil, Vernichtung über
seine Familie und die Welt gebracht haben.

Das Gedenken an den Holocaust wird immer wichtiger. Auch weil es
immer weniger Überlebende der Massenvernichtung gibt, die uns als
Zeitzeugen daran erinnern können, dass es nur eine kleiner Schritt
vom biederen Bürger zum Barbaren ist. Bevor alles vergessen ist, muss
besonders in Schulen der Massenmord an den Juden wichtiges Thema
bleiben. Klassenbesuche von Zeitzeugen sind wertvoller als alle
Geschichtsbücher.

Marcel Reich-Ranicki, Opfer des deutschen Völkermords und dennoch
Liebhaber und mitreißender Vermittler deutscher Literatur, hat eine
große Rede gehalten. Er hat uns vorgelebt, wie nah der gute Geist der
schönen Künste und das absolut Böse einander seien können. Als
Begriff ist das Böse aus dem alltäglichen Denken und reden nahezu
verschwunden und nur noch ein Fall für den Psychiater. In
Deutschland, daran erinnert uns der Holocaust Gedenktag, hat das Böse
gewütet wie nie zuvor.

Scham über die von unserem Volk verübten Verbrechen reicht nicht
aus. Wachsamkeit ist auch 70 Jahren nach dem Beschluss der
sogenannten Wannsee-Konferenz, die Juden in ganz Europa auszurotten,
immer noch Bürgerpflicht. Eine aktuelle Umfrage hat ergeben, dass
jeder fünfte Deutsche antisemitisch denkt. Niederschmetternd, aber
viele Bürger sind eben "doitsch": dumm, fremdenfeindlich,
rassistisch. Mit unserem, auch vom Bundespräsidenten gern
verbreiteten, Selbstbild einer "Bunten Republik" hat die Wirklichkeit
wenig zu tun. Es gibt einen aktiven Neonazismus, den wir durch die
Duldung der NPD sogar steuerlich fördern müssen. Noch ist er, wie der
Publizist Hendrik M. Broder schreibt, "ein Furunkel am Hintern der
Demokratie".

Dass aber eine braune Terrortruppe geradezu unter den Augen der
Verfassungsschützer zehn Jahre lang morden und brandschatzen konnte,
ist ein ernstes Warnsignal das wir die Gefahr, die uns von rechts
droht, sträflich unterschätzen.



Pressekontakt:
Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion

Telefon: 0201/8042607


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