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WAZ: Vertrauenskrise der Politik - Leitartikel von Thomas Wels

Geschrieben am 19-10-2011

Essen (ots) - Einer der beliebtesten Verkleisterungssätze aus der
politischen PR-Maschinerie lautet: Die Politik ist Getriebene der
Finanzmärkte. Was für ein Unsinn. Die Politik ist die Getriebene
ihrer selbst. Die Staatsschulden haben nicht irgendwelche anonymen
Finanzmärkte aufgebaut, sondern konservative wie sozialdemokratische
Regierungen; die strengen Verschuldungsgrenzen des
Maastricht-Vertrages haben Deutschland und Frankreich geschleift; die
gelockerten Regeln für die ach so gescholtenen Finanzmärkte sind
ebenso ein Produkt der Politik wie das Versäumnis, dem Abhilfe zu
schaffen. Und schlussendlich haben es die mächtigsten
Euro-Regierungen zu verantworten, dass aus der ehemals unabhängigen
Notenbank ein willfähriger Partner der Verschuldungspolitik geworden
ist: Eine Notenbank, die für zig Milliarden Staatsanleihen aufkauft
und mithin die Gelddruckmaschine anwirft, stellt sich auf die Seite
des Schuldenstaates und gegen die kleinen Sparer, die heute schon
ihre Guthaben von der Preissteigerung aufgezehrt sehen. Wundert sich
einer, dass aus der Vertrauenskrise unter den Banken längst eine
Vertrauenskrise der Politik geworden ist? Die Steuerbürger fühlen
sich verschaukelt, weil hier Milliarden über Milliarden in
Schattenhaushalten verschwinden. Allein in der Europäischen
Zentralbank und der staatseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau
schlummern Risiken von rund 180 Milliarden Euro in Form von
Staatsanleihen. Und nun auch noch dieser seltsame Hebel, der aus 211
Milliarden Euro deutscher Rettungsgarantien ein Kreditvolumen von
einer Billion zaubert. Selbst wenn die Finanztechnik dieser Operation
die Garantiesumme nicht erhöht, so steigt doch das Risiko der
Steuerzahler. Das ist einmal mehr ein Misstrauensbeweis und ein
Schlag ins Gesicht der Parlamentarier. Die Euro-Schuldenkrise wird so
mehr und mehr zur Bewährungsprobe der Demokratie. Es ist das
Königsrecht der Bürger, über den Verbleib ihrer Steuergelder
mitzubestimmen. Abgesehen davon sind die weitgehende Entmachtung des
Parlaments in Athen und die geforderte scharfe Sparpolitik hinein in
eine Rezession ebenfalls gefährliche Brandherde mit Tendenz zur
Ausbreitung. Fazit: Die Bundesregierung muss das undurchschaubare
Kleinklein im Umgang mit der Finanzkrise beenden und endlich
Führungsstärke in Europa zeigen.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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