(Registrieren)

WAZ: Marschall Steinbrücks Plan. Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 18-07-2011

Essen (ots) - Peer Steinbrück verlangt einen Marshall-Plan für
Griechenland. Das hat was, hatte doch schon die damalige
Wiederaufbauhilfe der Amerikaner für das kriegszerstörte Europa viel
mit Griechenland zu tun. Nach dem Krieg versuchte die Sowjetunion
durch massive Hilfe für die griechischen Kommunisten, Griechenland
aus dem westlichen Lager zu brechen. Europa war zu arm, um zu helfen.
Da sprangen die Amerikaner ein.

Nun hat sich die Sowjetunion Gott sei Dank erledigt und auch die
griechischen Kommunisten sind nicht mehr, was sie früher gewesen sein
mögen. Griechenland hängt auch nicht wegen eines Weltkriegs am
Fliegenfänger, sondern weil Regierungen unbedingt mehr Geld ausgeben
wollten, als sie einnahmen. Außerdem zeigten sie, wie man mit
billigen Europa-Krediten in die Grube fährt. Sie finanzierten damit
einen Wünsch-Dir-Was-Staat und einen korrupten Beamten-Apparat.
Griechenland nun mit Konjunkturhilfen zu kommen, mutet an wie der
seltsame Versuch, einem übersättigten Hund fette Würste hinterher zu
werfen.

Außerdem wäre es ein Vertrauensbruch. Im Stabilitätspakt steht,
dass Staaten andere Staaten nicht heraushauen dürfen: keine
Transfer-Union. Etwas anderes ist ein sogenannter Schuldenschnitt,
den Finanz-Eurokraten mit dem verfehlten Begriff "Haircut"
(Haarschnitt) belegen. Oder wollte man unfreiwillig mit dem Gedanken
jonglieren, dass einmal halbierte Schulden so zuverlässig nachwachsen
wie die Haare auf dem Kopf?

Einem Land indes Schulden zu erlassen, die es ohnehin nicht mehr
zurückzuzahlen vermag, kann sinnvoll sein - unter bestimmten
Bedingungen. Man muss den Griechen schon den Weg zurück in den
Schlendrian verbauen. Auch sollte Brüssel von Athen verlangen,
endlich die steuerhinterziehenden Millionäre zur Ader zu lassen.

Wenn das geschieht, darf sich Deutschland daran erinnern, selber
einmal von einem Schuldenschnitt profitiert zu haben. 1952 wurden den
Deutschen die Hälfte ihrer Nachkriegsschulden erlassen. Dies geschah
aber weniger aus Menschenliebe; man wollte den Sowjets ihre Grenzen
zeigen. Pardon, Herr Steinbrück, aber mit dem heutigen
Griechen-Problem hat das wenig zu tun.

Fazit: Steinbrücks Marshall-Plan-Vergleich hinkt gewaltig. Nun
wird es aber in jedem Fall teuer, Griechenland zu helfen. Ein
Schuldenschnitt kann sinnvoll sein. Konjunkturprogramme sind es
nicht.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

343118

weitere Artikel:
  • Südwest Presse: Südwest Presse Ulm, Kommentar zu ELENA Ausgabe vom 19.07.2011 Ulm (ots) - Südwest Presse Ulm, Kommentar zu ELENA Ausgabe vom 19.07.2011 Gerade eineinhalb Jahre alt wurde Elena, jenes mit allzugroßen Vorschusslorbeeren angekündigte Datenübermittlungsprojekt, das dem Papierwust zwischen Arbeitgebern, Sozialleistungsträgern und Beschäftigten, die dort Anträge stellten, ein Ende setzen sollte. Gestern nun wurde Elena ziemlich still beerdigt. Eine knappe Pressemitteilung von 17 Zeilen setzte dem "elektronischen Entgeltnachweis", der laut Bundeswirtschaftsministerium "ein Gewinn für alle Beteiligten" mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: MZ zur britischen Medienaffäre Halle (ots) - Auf dem Korruptionsindex von Transparency International lag Großbritannien zuletzt unauffällig zwischen Deutschland und Frankreich. Und wer an Scotland Yard denkt, dem fällt vielleicht Behäbigkeit ein. Aber das liegt dann nur an der Langzeitwirkung alter Schwarz-Weiß-Filme aus der Edgar-Wallace-Reihe. Mit der unglaublichen Abhör-Affäre ändert sich der Blick auf die Elite des Landes jedoch erheblich. Die Nähe von Regierenden und Spitzenpolizisten zu leitenden Journalisten des Schmuddelblatts ist frappierend. Weitere Erklärungen mehr...

  • Rheinische Post: Auf den Spuren Helmut Schmidts Düsseldorf (ots) - Peer Steinbrück wird der Kanzlerkandidat der SPD im Bundestagswahlkampf 2013 - daran besteht nach dem recht gelungenen Auftritt der SPD-Troika Gabriel-Steinmeier-Steinbrück gestern in Berlin kaum noch ein Zweifel. Die Drei von der SPD wollten zur K-Frage zwar nichts sagen, doch der Parteichef sagte es indirekt dann doch: Mit Steinbrück habe die SPD einen, der schon mal bewiesen habe, dass er große (Finanz-)Krisen meistern könne. Die SPD ist zwei Jahre nach ihrem Debakel bei der letzten Bundestagswahl wieder auferstanden: mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: MZ zur Einkommensentwicklung Halle (ots) - Seit Jahren leidet Deutschland unter einer miserablen Lohnentwicklung - und der Trend ist längst nicht gestoppt. Das zeigen die neuen Daten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Insbesondere die Reallöhne von Geringverdienern sind dramatisch gesunken. Das gilt für Nettoeinkommen ebenso wie für Bruttoeinkommen. Schuld an der Entwicklung sind also nicht etwa die Sozialbeiträge. Das Problem liegt woanders. Unternehmen können oft extrem niedrige Gehälter durchsetzen, weil sich die Machtverhältnisse zuungunsten mehr...

  • Ostsee-Zeitung: OSTSEE-ZEITUNG (Rostock) zum deutsch-russischen Verhältnis Rostock (ots) - Vielen Deutschen wohnt eine indifferente "Angst vor dem russischen Bären" inne, die sich nach dem Ende des Kalten Krieges mit einer Sieger-Arroganz und Geschichts-Vergessenheit paarte, die wiederum den Russen sauer aufstößt. Nur wenn es beiden Völkern gelingt, sich von diesen Ressentiments weitgehend zu befreien, wird es einen entspannteren Umgang geben. Denn grundsätzlich ist das deutsch-russische Verhältnis von gegenseitigen Interessen geprägt. Wir brauchen Öl und Gas, die Russen die Abnehmermärkte für ihre Rohstoffe mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht