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Mittelbayerische Zeitung: Außenpolitik: Die Bundesrepublik hat sich von der internationalen Bühne großteils verabschiedet.

Geschrieben am 12-07-2011

Regensburg (ots) - Im März 2010 erschien das Time Magazine mit
einer Weltkarte auf dem Titel, auf der Europa nicht eingetragen war.
Die Frage lautete: "Wo ist Europa geblieben?" Heute wäre die Frage
schnell zu beantworten: Da, wo die Krise wohnt. Aber eine andere
Frage wäre aus transatlantischer Sicht interessant: Wo ist eigentlich
Deutschland geblieben? Die Antwort will in Berlin wohl keiner hören.
Sie wäre wenig erfreulich. Einen Monat lang leitet die Bundesrepublik
den UN-Sicherheitsrat, in dem sie für zwei Jahre Mitglied sein darf.
Es könnte eine Art Bewährungsprobe werden. Themen gäbe es genügend,
mit denen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Außenminister Guido
Westerwelle Akzente setzen könnten. Das erste steht seit Samstag auf
der Agenda: Die Gründung des neuen Staats Südsudan. Deutschland hat
seine Unterstützung zugesichert. Was das genau heißen wird, muss sich
erst zeigen, dennoch sind viele Konflikte mit dem Norden nicht
gelöst. Die anderen Themen sind derweil wesentlich heikler: Der
Libyen-Einsatz droht sich zu einem Endloskrieg auszuweiten. Es gibt
noch keine Einigung über den Umgang mit dem Assad-Regime in Syrien,
das weiterhin die Demokratiebewegung niederprügeln lässt. Es ist fast
ironisch, dass ein Nein Russlands und Chinas ein hartes Vorgehen
gegen Syrien verhindert - also eine Ablehnung durch jene Staaten, auf
deren Seite sich Deutschland stellte, als es ein militärisches
Eingreifen gegen Libyen im Sicherheitsrat ablehnte. Zwar wird auf
deutscher Seite mantraartig betont, dass die deutsche Enthaltung im
Sicherheitsrat keinerlei Schaden im Ansehen bei der internationalen
Staatengemeinschaft hinterlassen habe. Einen bleibenden Eindruck als
entschlossen handelnder Staat dürfte diese erste Aktion allerdings
auch nicht gemacht haben. Andererseits: Wie könnte es auch anders
sein? Mit dem Rückzug von Westerwelle als FDP-Vorsitzender und als
Vizekanzler ist sein politisches Gewicht auch international
geschwunden. Seit der Enthaltung in der Libyen-Krise hat er auch
wenig von sich hören lassen. Dass er nun, da Deutschland den
Sicherheitsrat leitet, das Thema Kindersoldaten auf die Tagesordnung
hebt, ehrt ihn zwar. Aber gleichzeitig packt er damit ein Pro-blem
an, das auf internationaler Ebene völlig unstrittig ist. Die heißen
Eisen bleiben erst einmal liegen. Wie lange das gut geht, wird sich
zeigen, wenn die Palästinenser den Antrag auf eine UN-Mitgliedschaft
stellen - was noch in diesem Monat der Fall sein wird. Derweil macht
die Bundesregierung von sich reden, weil sie Panzer nach
Saudi-Arabien verkauft. Zwar gibt es immer noch keine Bestätigung des
Deals, aber zumindest hat Berlin erkennen lassen, dass Israel und die
USA ihr Plazet dazu gegeben haben - was die Sache an sich nicht
besser macht. Denn die Frage, wie sich der Widerspruch zwischen der
Unterstützung der Demokratiebewegung in Nordafrika und dem Nahen
Osten einerseits mit der Lieferung von Hightech-Waffen, die prima
auch für den Einsatz gegen Demonstranten umgerüstet werden können,
lösen lässt, bleibt weiter unbeantwortet. Die Kanzlerin selbst hat
sich ebenfalls schon länger ins innenpolitische Exil verabschiedet.
Wer nach der Führung Deutschlands in der Euro-Krise sucht, findet
vielleicht einen Nicolas Sarkozy oder einen Wolfgang Schäuble, aber
keine Angela Merkel. Ihre derzeitige Afrika-Reise soll zwar
wirtschaftliche Beziehungen stärken, aber die Erfolge dürften eher
gering bleiben. Die Märkte in Afrika sind bereits fest in anderen
Händen - etwa in denen Chinas. Freilich: Ganz von der
außenpolitischen Landkarte ist Deutschland nicht verschwunden. Man
findet es noch - allerdings nur mit einer großen Lupe. Merkel und
Westerwelle sollten diesen Juli nutzen, um das zu ändern.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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