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Deutsche Pkw-Energieverbrauchskennzeichnung verstößt gegen EU-Recht

Geschrieben am 28-06-2011

Berlin (ots) -
Deutsche Umwelthilfe setzt sich in Musterverfahren vor Landgericht
Frankfurt/M gegen Jaguar Deutschland durch - Richtlinie zur
Kennzeichnung des Energieverbrauchs bei Pkw von deutschem
Verordnungsgeber auf Druck der deutschen Autobauer fehlerhaft
umgesetzt - Auch bei Typenwerbung muss der CO2-Ausstoß angegeben
werden - Selbst derzeit im Bundesrat verhandelte Novelle heilt den
Fehler nicht

Deutschland verfehlt bei der Energieverbrauchskennzeichnung von Pkw
die Vorgaben der EU. Diese Rechtsauffassung der Deutschen Umwelthilfe
e.V. (DUH) bestätigte jetzt das Landgericht Frankfurt/Main in einem
Verfahren, das der Umwelt- und Verbraucherschutzverband gegen die
Jaguar Deutschland GmbH angestrengt hatte (AZ LG Frankfurt: 3-08 O
139/10). In der seit 2004 geltenden deutschen
Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) ist die
zugrunde liegende EU-Richtlinie vom deutschen Verordnungsgeber
fehlerhaft umgesetzt worden, entschieden die Richter. Der Beschluss
gewinnt besondere Brisanz, weil der Fehler in der aktuellen Novelle
der Bundesregierung, die am 8. Juli dem Bundesrat zur Abstimmung
vorliegt, erneut gemacht wird.

In der Sache hatte der deutsche Jaguar-Importeur Neuwagen dieser
Edelmarke in einer Auto-Fachzeitschrift beworben, ohne die
CO2-Emissionen und den Kraftstoffverbrauch anzugeben. Er berief sich
darauf, dass die deutsche Verordnung die Pflicht zur Angabe nicht
vorsehe, wenn nur für einen allgemeinen Fahrzeugtyp geworben werde.
Die DUH vertrat den Standpunkt, dass dies der deutschen Verordnung
entsprechen möge, diese Einschränkung aber nicht mit der der
Verordnung zugrundeliegenden EU-Richtlinie übereinstimme; der
deutsche Verordnungsgeber habe die Richtlinie zum Nachteil der
Verbraucher unzureichend umgesetzt.

Das Landgericht Frankfurt/Main gab der DUH-Klage statt und führte
aus, dass die Einschränkung der Kennzeichnungspflicht in der
deutschen Verordnung erheblich vom Wortlaut der EU-Richtlinie
(1999/94/EG) abweiche und der (deutsche) Verordnungsgeber die dort
geregelten Ausnahmen offenbar missverstanden habe. Nach Überzeugung
des Gerichts legt die EU-Richtlinie fest, dass die Verpflichtung zur
Angabe der CO2-Emissionen ohne Ausnahme gilt und in keinem Fall -
auch nicht bei reiner Image-Werbung - entfällt. Jaguar hatte das
Gegenteil behauptet und erklärt, dass dem deutschen Gesetzgeber ein
Ermessensspielraum bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zukomme, den
er auch genutzt habe. Dieser Auffassung widersprach das Gericht und
führte aus, dass es für das Ziel der Richtlinie von wesentlicher
Bedeutung sei, dass der potenzielle Autokäufer auch bei reiner
Typenwerbung ohne Motorisierungsangaben über die CO2-Emissionen
aufgeklärt werde. Jaguar Deutschland ist gegen den Richterspruch in
Berufung gegangen.

"Das Frankfurter Landgericht bestätigt die Rechtsauffassung der
Deutschen Umwelthilfe, dass bei der Umsetzung der entsprechenden
europäischen Verbraucherschutz-Vorschrift in deutsches Recht nicht
einmal der geforderte Mindeststandard bei der Angabe von
CO2-Emissionen und Spritverbrauch erreicht wird. Doch anstatt diesen
Fehler zu heilen, plant die schwarz-gelbe Bundesregierung eine
weitere Aufweichung der nationalen Umsetzung, um ausgerechnet
besonders schwere Geländewagen, SUVs und Limousinen als
energieeffizient kennzeichnen zu können", sagte
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Dr. Remo Klinger, der Rechtsanwalt der DUH in dem Verfahren: "Das
Urteil wird dazu führen, dass die mehr oder minder phantasievollen
Umgehungen der Kennzeichnungspflicht in Automobilwerbungen ein Ende
haben. Fahrzeughersteller und -händler müssen ihre Werbungen von nun
an grundlegend umstellen."

Anstatt die jetzt gerichtlich bestätigten rechtlichen Mängel der
geltenden Energieverbrauchskennzeichnung für Pkw zu heilen, legte die
Bundesregierung nun dem Bundesrat einen Novellierungsentwurf zur
Entscheidung vor, der den rechtlichen Mangel beibehält und damit
weiterhin gegen EU-Recht verstößt (BR-Drucksache 281/11).

Die DUH kritisiert den Novellierungsentwurf als ungeeignet, den
Autokäufern angemessene Informationen zur Effizienz von Neufahrzeugen
zu liefern. So legte die Bundesregierung in ihrem Entwurf ein
Berechnungsmodell für die Einteilung von Neufahrzeugen in
Energieeffizienzklassen zugrunde, das das Ziel der EU-Richtlinie, die
Verbraucherinnen und Verbraucher zum Kauf von CO2-armen Fahrzeugen zu
steuern, weit verfehlt. Fahrzeuge mit höherem Gewicht würden trotz
höherem Verbrauch und in der Konsequenz höheren CO2-Emissionen bei
der Ermittlung der Effizienzklassen massiv bessergestellt. Im
Ergebnis komme es zu klaren Fehlanreizen, weil Autokunden zum Kauf
schwerer und hochmotorisierter Pkw animiert würden, denen eine
günstigere Energieeffizienz bescheinigt werde als leichteren
Kleinwagen mit geringerem Kraftstoffverbrauch und entsprechend
niedrigerem CO2-Ausstoß.

Die DUH setzt sich als klageberechtigter Umwelt- und
Verbraucherschutzverband bereits seit Inkrafttreten der in
Deutschland geltenden Pkw-EnVKV dafür ein, dass die
Kraftstoffverbrauchs- und CO2-Emissionsangaben in Werbeschriften und
im direkten Handel korrekt und verbrauchergerecht erfolgen. Nach
Überzeugung der DUH ist die umfassende und verständliche Information
der Verbraucher eine entscheidende Voraussetzung für erfolgreichen
Klimaschutz. Hierzu überprüft die DUH stichprobenhaft die Autowerbung
in Printmedien und im Internet und führt Testbesuche im Handel durch.
Agnes Sauter, Leiterin der Abteilung Verbraucherschutz der DUH:
"Leider stellen wir aber immer noch Verstöße von Autohändler und
Hersteller fest und müssen sie auffordern, die
Kennzeichnungsvorschriften korrekt einzuhalten. Weigert sich ein
Händler oder Hersteller, setzen wir unsere Ansprüche notfalls auch
gerichtlich durch."



Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer (DUH), Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Mobil: 0171 3649170, Tel.: Büro 030/2400867-0;
Fax.: 030 2400867-19, E-Mail: resch@duh.de

Agnes Sauter, Leiterin Verbraucherschutz (DUH),
Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Tel.: 07732 9995 0,
Fax: 07732 9995 77, E-Mail: sauter@duh.de

Dr. Remo Klinger, Rechtsanwaltskanzlei Geulen & Klinger,
Schaperstraße 15, 10719 Berlin, Tel.: 030 88472-80,
Mobil: 0171 2435458, Email: klinger@geulen.com

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse (DUH),
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030/2400867-0,
Fax: 030/2400867-19, Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de


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