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WAZ: Europa gehen die Europäer aus. Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 13-05-2011

Essen (ots) - Dänen, die unter dem Druck von Rechtspopulisten
beginnen, ihre Grenzen Richtung Deutschland und Schweden dicht zu
machen. Deutsche, Österreicher, Holländer, die nicht mehr zahlen
wollen für Griechenland. Was scheinbar nichts miteinander zu tun hat,
trägt tatsächlich immer dieselbe Überschrift: Dieses Europa wollen
wir nicht!

Man kann darüber klagen, dass in Frankreich, Italien, Belgien die
Rechtspopulisten stärker werden. Und mit einigem Schrecken wird die
deutsche Kanzlerin erkennen, dass über Europa ihre Koalition ins
Wackeln gerät. Ausgerechnet bei den traditionell Europa zugewandten
Liberalen wächst die Zahl der heftigen Euro-Skeptiker. Auch von links
gerät Europa unter Druck. Gewerkschaften freuen sich nicht
solidarisch mit osteuropäischen Arbeitern über die offenen
Arbeitsmarkt-Grenzen, sondern fürchten nationale Dumpinglöhne.

Es ist ja richtig: Europa hat keinen Kopf. Konrad Adenauer, Helmut
Kohl, Joschka Fischer - die Zeiten sind vorbei. Der letzte Politiker
mit Europa-Gen in der amtierenden Regierung heißt Wolfgang Schäuble.
Die Kanzlerin ist zwar keine Europa-Skeptikerin, eine Gegnerin schon
gar nicht, aber sie geriert sich technokratisch-kühl als bloße
Maschinistin dieses Kontinents.

Europa, diese einzigartige Antwort auf Krieg und Nationalismus,
die uns Fortschritt und Lebensqualität gebracht und unseren Kindern
eine ganz neue Perspektive erschlossen hat: Europa wärmt nicht das
Herz. Sicher: Das mag ein Wohlstandsphänomen sein, wer zu satt ist,
mag nicht mehr denken, aber die Politik hat über Jahre hinweg den
Skeptikern in die Karten gespielt. Das beste Beispiel ist
Griechenland. Europas Elite hat sich lieber von Athen betrügen
lassen, als die wirtschaftlichen Realitäten zur Kenntnis zu nehmen.
Das Land hat nun fertig, ist ein Fass ohne Boden, hätte nie
aufgenommen werden dürfen. Heute ist jeder Euro dorthin kaum noch zu
verantworten. Und immer ist die Ursache: Schlechte Politik, fehlender
Mut zur Wahrheit, Gleichgültigkeit statt Leidenschaft. Das letzte
Herzensprojekt, die Verfassung, die man zum Gedicht Europas hätte
machen müssen, zum modernen Klassiker, zum Vorbild für die
demokratischen Revolutionäre Arabiens, wurde schnöde versemmelt.

Fazit: Europa braucht einen neuen Anlauf. Eine neue Idee, neue
Figuren. Merkel sollte, für den Anfang, Joschka Fischer nach Brüssel
schicken.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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