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Mittelbayerische Zeitung: Zur Lage der FDP: Die Boygroup zaudert

Geschrieben am 31-03-2011

Regensburg (ots) - Ich habe verstanden. Mehrmals wiederholte
FDP-Chef Guido Westerwelle nach den Wahlniederlagen der Liberalen im
Südwesten diesen Satz. Doch was hat Westerwelle verstanden? Dass die
Kernkraft-Partei FDP nach Fukushima ihr Fähnlein nach der Windkraft
ausrichten muss? Dass es nicht ausreicht, ständig nach
Steuersenkungen zu schreien? Dass mit der Riege der Stellvertreter
kein liberaler Staat mehr zu machen ist? Hat er vor allem aber auch
verstanden, dass viele in der Partei ihn selbst am liebsten loswerden
wollen? Die Parteispitze hat sich Zeit zum Nachdenken bis zum 11.
April verordnet, dann sollen die Landesvorsitzenden mit dem Präsidium
gemeinsam beraten - doch die Personaldiskussion lässt sich nicht so
einfach abwürgen. Zwar melden sich, während Westerwelle in China
weilt, vorerst nur Vertreter der zweiten Garde deutlich zu Wort:
Bayerns FDP-Vizechefin Renate Will, der Berliner FDP-Politiker
Alexander Pokorny oder das Vorstandsmitglied Jorgo Chatzimarkakis.
Doch die Botschaft ist klar, Westerwelle soll seinen Stuhl räumen -
nur für wen ist noch umstritten. Immer wieder genannt werden die drei
Jungstars der FDP: Generalsekretär Christian Lindner (32), der
nordrhein-westfälische Parteivorsitzende Daniel Bahr (34) und
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (38). Doch während
Westerwelle als Generalsekretär einst seinen damaligen
Parteivorsitzenden Wolfgang Gerhardt nach einigen Wahlpleiten
gnadenlos wegbiss, haben die drei Genannten eine Beißhemmung: Die
Boygroup gehörte schließlich lange zum engsten Fankreis von
Westerwelle. Lindner und Bahr gleichen sogar in ihrer Wortwahl oft
Westerwelle. Durch Mut zeichneten sich die Drei dagegen nur selten
aus. Zwar veröffentlichten sie 2009 gemeinsam ein Buch mit dem Titel
"Freiheit, gefühlt, gedacht, gelebt", in dem sie eine mitfühlende
FDP, sozusagen einen Liberalismus mit Herz einforderten. Doch im
Praktischen war wenig von einer Erneuerung zu spüren. Wo waren die
Jungstars als die FDP mit der Senkung der Hotelierssteuer eine klare
Klientelpolitik betrieb? Wo waren die Jungstars, als die FDP der
Wirtschaft zuliebe die Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke
betrieb? Wo waren die Jungstars, als es darum ging, in der
Gesundheitspolitik der Ärzte- und Pharmalobby auf die Finger zu
klopfen? Wieso sollen Linder, Bahr und Rösler jetzt plötzlich die
Kraft zu eigenständigem Handeln aufbringen - und das, wo jeder Putsch
die Gefahr des Scheiterns in sich birgt. Deshalb richten sich in der
Krise jetzt doch wieder viele Blicke auf Bundesjustizministerin
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Unter den altgedienten
Führungskräften der FDP kann sie noch auf die größten Erfolge
verweisen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung arbeitet in der Innen-
und Rechtspolitik relativ geräuschlos zusammen, neue
Sicherheitsgesetze konnte die FDP verhindern. Mit einer Vorsitzenden
Leutheusser-Schnarrenberger würde personell deutlich gemacht, dass
die FDP mehr ist als eine Interessenvertretung der Wirtschaft. Doch
die Frage ist: Tritt sie an? Leutheusser-Schnarrenberger wird dies
nur tun, wenn die Partei sie nicht nur als Moderatorin für einen
Übergang an die junge Generation sieht. Eine Parteivorsitzende quasi
auf Abruf oder mit vorhersehbarem Verfallsdatum hätte innerparteilich
kaum Durchsetzungskraft. Wer Leutheusser-Schnarrenberger will, muss
ihr also mindestens die Chance für eine längere Amtszeit einräumen.
Ist diese Bedingung erfüllt und verstärkt sich der Ruf aus der
Partei, kann es durchaus sein, dass die bayerische FDP sich eine neue
Vorsitzende, einen neuen Vorsitzenden suchen muss, da die bisherige
Chefin im Bund gebraucht wird.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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