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Westdeutsche Zeitung: Japans Katastrophe muss zur globalen Zäsur werden - Vom Nutzen der "German Angst" Ein Kommentar von Christoph Lumme

Geschrieben am 14-03-2011

Düsseldorf (ots) - Nach Japans mehrdimensionaler Katastrophe
befindet sich die Welt im Schockzustand. Dabei reagieren die
einzelnen Nationen gemäß ihrer spezifischen Mentalitäten sehr
unterschiedlich.

Zunächst einmal das erschütterte Land selbst: Nein, es ist nicht
in erster Linie fernöstliche Disziplin und Gelassenheit, die die
Japaner scheinbar nüchtern auf die apokalyptischen Vorgänge reagieren
lässt. Die Menschen fühlen sich offenbar als Teil eines kollektiven
Albtraums, aus dem man irgendwann unbeschadet erwacht. Für Japaner
ist dieser Sieg des Restrisikos über die Wahrscheinlichkeitsrechnung
deshalb so unfassbar, weil ihre High-Tech-Gesellschaft wie kein
anderes Land an die Beherrschbarkeit der Atomkraft geglaubt hatte.

Ganz anders Deutschland. Fast reflexartig formierte sich die
historisch gewachsene Anti-Atomkraftbewegung zu einer gewaltigen
Widerstandsfront. Den Deutschen erscheinen die Schreckensbilder aus
Japan nicht als surrealer Horror, sondern als das vorhersehbare böse
Ende eines technologischen Irrwegs. Japans Atomkatastrophe steigert
die "German Angst" ins Unermessliche, und der Gedanke an die mögliche
politische Kettenreaktion bei den anstehenden Landtagswahlen lässt
das schwarz-gelbe Regierungsbündnis erschaudern. Wenn die Kanzlerin
nun die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke aussetzt, ist dies
die Notabschaltung ihrer eigenen Atompolitik und ihre einzige Option.
Angela Merkel weiß: Wenn sie die Angst des Souveräns jetzt ignoriert,
wird ihre Bundesregierung in Rekordzeit untergehen.

So sehr auch Hysterie und Angst in der Regel schlechte Berater
sind: Die Katastrophen von Tschernobyl und Japan haben gezeigt, dass
die skeptischen Deutschen die nuklearen Gefahren präziser erfassen
als etwa die technikgläubigen Nationen Frankreich, Japan und China.

Allerdings wirkt eine deutsche Debatte über die Verkürzung von
Reaktor-Laufzeiten fast schon hilflos gegenüber der gestrigen
Ankündigung Chinas, im großen Stil neue Atomkraftwerke zu bauen. Die
Bundesregierung muss deshalb auf internationaler Bühne darauf
drängen, dass die Katastrophe von Japan zur Zäsur wird - für
Deutschland und die internationale Gemeinschaft.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211 / 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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