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Giftmüllskandal in Sachsen: Behörden versagen bei Anlagenüberwachung

Geschrieben am 03-03-2011

Berlin (ots) - Sächsischer Umweltminister Kupfer bestätigt
fehlende Nachweise zur ordnungsgemäßen Verarbeitung sehr giftiger
Schlacken in der Abfallbehandlungsanlage S.D.R. Biotec - Mehr als
68.000 Tonnen sehr giftige, schwermetallhaltige Abfälle wurden ohne
Nachweise behandelt - Deutsche Umwelthilfe erhebt schwere Vorwürfe
gegen seit Jahren untätige sächsische Behörden - Landratsamt
Nordsachsen ignorierte und verharmloste Hinweise auf Verstöße

Die sächsische Staatsregierung bestätigt die seit Jahren von der
Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) geäußerte Kritik an der skandalösen
"Wegguck-Mentalität" der sächsischen Umweltbehörden bei der
Anlagenüberwachung. Der sächsische Umweltminister Frank Kupfer musste
im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage fehlende Nachweise des
Abfallentsorgers S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH (S.D.R. Biotec)
zur ordnungsgemäßen Verarbeitung sehr giftiger Abfälle aus der
Metallindustrie bestätigen. Konkret geht es um Schlacken mit der
Abfallschlüsselnummer 10 04 01, die aufgrund der sehr giftigen
Schwermetalle Arsen, Quecksilber und Cadmium als gefährlicher Abfall
gelten. In der Abfallbehandlungsanlage im sächsischen Pohritzsch
sollen solche gefährlichen Abfälle angeblich in stabilisierte und
damit ungefährliche Abfälle umgewandelt werden (Abfallschlüssel 19 03
05). Für giftige Schlacken mit der Abfallschlüsselnummer 10 04 01
liegen, laut dem Landratsamt Nordsachsen, jedoch überhaupt keine
Nachweise zur ordnungsgemäßen Entsorgung vor. Inzwischen hat das
Landratsamt Nordsachsen der S.D.R. Biotec die Annahme solcher
giftigen Schlacken mit dem Ziel der Stabilisierung sogar verboten.
Trotzdem hat die Fa. S.D.R. Biotec seit 2005 insgesamt über 68.000
Tonnen hochgiftiger Schlacken mit der Abfallschlüsselnummer 10 04 01
zur Stabilisierung angenommen. "Es ist ein Skandal, dass die
sächsischen Behörden der S.D.R. Biotec die vermeintliche Umwandlung
hochgiftiger Schlacken aus der Bleimetallurgie in ungefährliche
Abfälle jahrelang ohne Einschränkungen erlaubten und plötzlich
feststellen, dass keine Nachweise zu deren erfolgreicher Behandlung
vorliegen und die Technologie nicht funktioniert", kritisierte der
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Die DUH forderte
Umweltminister Kupfer dazu auf, umgehend zu klären, was mit den
vermutlich nicht stabilisierten sehr giftigen Schlacken aus der
Metallverarbeitung passiert ist und wo diese abgelagert wurden.

Inzwischen bestehen laut dem Landratsamt Nordsachsen Zweifel an
der ordnungsgemäßen Entsorgung aller Outputmaterialien der S.D.R.
Biotec. Das Landratsamt geht dabei von der Übertragbarkeit des
physikalischen und chemischen Verhaltens behandelter sehr giftiger
Schlacken auch auf andere Outputmaterialien der
Abfallbehandlungsanlage aus. Trotz der von den Behörden geäußerten
Zweifel verarbeitet die Abfallbehandlungsanlage weiterhin täglich
hunderte Tonnen giftigen Abfalls. "Den Behörden liegen für sehr
giftige, schwermetallhaltige Schlacken mit dem Abfallschlüssel 10 04
01 keine Nachweise für die Verarbeitung zu stabilisierten Abfällen
vor. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in der Anlage auch
andere sehr giftige Abfälle, die z.B. Schwermetalle wie Arsen,
Quecksilber und Cadmium enthalten, nicht stabilisiert werden können"
erklärte Maria Elander, Leiterin des Bereiches Kreislaufwirtschaft
der DUH.

Bei der Ablagerung von Outputmaterialien der S.D.R. Biotec kam es
auf insgesamt sechs Deponien in Sachsen und Sachsen-Anhalt zu
zahlreichen Unregelmäßigkeiten in Form von Zurückweisungen und
Lieferstopps. Häufig stimmten die von der S.D.R. Biotec angegebenen
Deklarationswerte nicht mit den Werten der Eingangsanalysen auf den
Deponien überein. Der angeblich ungefährliche Abfall stellte sich in
diesen Fällen als noch gefährlich heraus. Es wurden auch
Annahmegrenzwerte für Schwermetalle und toxische organische Stoffe
überschritten. Der Betreiber der Deponie Weißer Weg beendete nach
Unregelmäßigkeiten die Annahme solcher Outputmaterialien der S.D.R.
Biotec. "Falsch deklarierte Abfälle oder überschrittene
Annahmegrenzwerte von Outputmaterialien der S.D.R. Biotec scheinen
bei der Ablagerung auf Deponien keine Ausnahme zu sein. Dies deckt
sich mit den vom Landratsamt Nordsachsen geäußerten Zweifeln an der
ordnungsgemäßen Entsorgung aller Outputmaterialien der S.D.R. Biotec
und vergrößert das Fragezeichen hinter der dort verwendeten
Abfallbehandlungstechnologie" sagte Maria Elander.

In der Beantwortung einer kleinen Anfrage im Landtag teilte der
sächsische Umweltminister Frank Kupfer auch mit, dass den Behörden
keine Angaben über Menge und Art der Zuschlagstoffe bei der
chemischen Behandlung gefährlicher Abfälle durch die S.D.R. Biotec
vorliegen würden. Die Verwendung der Zuschlagstoffe sei ein
Betriebsgeheimnis. "Die Abfallbehandlungsanlage S.D.R. Biotec ist für
die sächsischen Behörden eine Art Black Box, in welche giftige
Abfälle hinein gehen und wie durch ein Wunder als nicht gefährliche
Abfälle heraus kommen. Dabei sind für eine hinreichende Kontrolle der
Anlage Kenntnisse über den Einsatz der Zuschlagschlagstoffe
unerlässlich. Die Behörden müssen endlich die Vorgänge um den
Skandalbetrieb S.D.R. Biotec grundsätzlich überprüfen und bis auf
weiteres den Betrieb untersagen" sagte Jürgen Resch. "Es stelle sich
die Frage, wie ernst die Kontrollbehörden vor Ort ihre Arbeit
wirklich nehmen und ob der sächsische Umweltminister Frank Kupfer
seine Behörden überhaupt im Griff hat - oder ob er deren
Wegguck-Mentalität billigend in Kauf nimmt".

Die DUH fordert im Sinne des Umweltschutzes und des
Vorsorgeprinzips die sächsischen Behörden auf, der S.D.R. Biotec mit
sofortiger Wirkung die Annahme von sehr giftigen Abfällen mit dem
Ziel der Stabilisierung (AVV 19 03 05) zu untersagen. Zudem müssen
personelle Konsequenzen aus der geradezu fahrlässigen Kontrolle der
Abfallbehandlungsanlage in Pohritzsch gezogen werden.



Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel: 0171 3649170, Fax: 030
2400867-19, resch@duh.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-41, Mobil:
0160 5337376, elander@duh.de

Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-21, Fax:
030 2400867-19, Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de


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