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WAZ: Muss Guttenberg zurücktreten? Ein Pro (Lutz Heuken) und contra (Miguel Sanches)

Geschrieben am 18-02-2011

Essen (ots) - Pro:

Wenn Karl-Theodor zu Guttenberg die gegen ihn erhobenen Vorwürfe
nicht sehr rasch und sehr klar entkräften kann, muss er zurücktreten.
Der Diebstahl geistigen Eigentums ist keine Kleinigkeit, keine
Jugendsünde, kein Kavaliersdelikt. Es ist schlicht schäbiger Betrug.
Dafür, dass zu Guttenberg die Vorwürfe tatsächlich entkräften kann,
spricht im Moment wenig. Was soll er denn anführen? Verzeihliche
Schlampigkeit? Bei der Zahl und der Prägnanz der ihm unterstellten
Plagiate eine wenig glaubhafte Ausrede. Unwissenheit gar? Wohl nur
dann glaubwürdig, wenn nicht er, sondern ein bezahlter Lohnschreiber
die Dissertation angefertigt hätte. Das aber wäre ja noch schlimmer!
Nein, der smarte Freiherr von und zu Guttenberg sitzt in der Klemme.
Und es ist zweifelhaft, wie lange die Boulevardmedien, die ihn zum
Polit-Star aufgebauscht haben, noch zu ihm halten. Doch selbst wenn
er diese Affäre politisch eine Zeitlang überlebt - sein Image als
Saubermann ist er endgültig los. Guttenberg, dessen selbstverliebte
Auftritte manchmal so wirken, als seien sie schlecht inszenierte
Sequenzen aus der RTL-Serie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten", täte
sich und der politischen Kultur einen Gefallen, wenn er rasch
zurückträte.

Contra:

Fehler passieren. Auch Karl-Theodor zu Guttenberg sind sie
unterlaufen. Aber er muss nicht zurücktreten, weil er bei seiner
Dissertation nicht korrekt genug war. Es ist lange her, muss erst
untersucht werden, sagt über seine Amtsführung als Minister der
Verteidigung nichts aus. Der Mann ist genug gestraft mit der
Peinlichkeit, als Minister der Selbstverteidigung und als Hochstapler
dazustehen. Das letzte Wort im akademischen Konflikt gehört der Uni
Bayreuth. Der Franke ist gut beraten, den Doktortitel nicht zu
führen. Das Phänomen Guttenberg ist ein Produkt der Medien. Partout
wollten sie einen Marschallstab im Tornister des Freiherren sehen -
nur brechen sie den Stab über ihm. Heute "Hosianna", morgen "Kreuzigt
ihn" - was soll das? Kommt nichts nach, ist er durch Feuer gegangen.
Kommt was nach, gehört er gefeuert. Aus Fehlern kann man lernen. Mehr
Schein als Sein ist keine Art. Vielleicht ist dieser Vorfall der
Schliff, den er gebraucht hat. Vielleicht trägt es dazu bei, dass der
Gernegroß nun geerdet wird. Die Toleranzgrenze ist erst dann
überschritten, wenn er entweder der Lüge überführt wird oder die
Universität ihm in der Plagiats-Affäre einen Vorsatz nachweist.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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