(Registrieren)

Westdeutsche Zeitung: Europa und die USA werden im Nahen Osten an Einfluss verlieren - Die Doppelmoral des Westens Ein Kommentar von Christoph Lumme

Geschrieben am 04-02-2011

Düsseldorf (ots) - Jetzt also doch. Die europäischen
Regierungschefs rangen sich gestern endlich zu einer gemeinsamen
Haltung gegenüber Ägypten durch. Gerade der deutsche Außenminister
Westerwelle hatte sich zuvor immer wieder mit atemberaubenden
verbalen Verrenkungen davor gedrückt, die alternativlose Konsequenz
einzufordern: den sofortigen Rücktritt Mubaraks.

Das Zaudern zeigt, wie sehr der Westen in diesen Tagen des
arabischen Aufbruchs von seiner eigenen historisch gewachsenen
Doppelmoral eingeholt wird. Jahrzehntelang predigten Europa und die
USA den Völkern des Nahen Ostens Freiheit und Demokratie; zugleich
hofierten sie willfährig deren Despoten. Jahrzehntelang erkauften
sich die USA und Europa in Nordafrika politische Stabilität, indem
sie die Diktatoren mit Waffen und Geld versorgten - und verrieten
ihre eigenen Ideale.

Der Westen gab sich zu lange der Illusion hin, dass sich
politische Stabilität dauerhaft auf Kosten von Freiheit erkaufen
lässt. Jetzt steht er vor den Trümmern seiner Machtpolitik. Zu Recht
fragen sich nun die Deutschen: Wie konnte es sein, dass Helmut Kohl,
Gerhard Schröder und Angela Merkel bei Staatsbesuchen in Ägypten
unisono über die angeblichen Qualitäten eines Herrschers schwärmten,
der sein Land 30 Jahre lang mit Notstandsgesetzen regierte, der
folterte und Wahlen fälschte?

Sollten die Menschen in Ägypten und den anderen bebenden Staaten
die Revolution vollenden, wird Amerika dort dramatisch an Einfluss
verlieren. Schon jetzt ist Präsident Obama in Ägypten moralisch
diskreditiert und diplomatisch blockiert. Würde er die
fortschrittlichen Oppositionskräfte offen unterstützen, wären diese
politisch tot, weil ihnen fortan das Stigma anhinge, Handlanger
Amerikas zu sein. Bei aller Schuld, die der Westen auf sich geladen
hat: Er muss nun Zeichen senden, dass er auf Seiten der
Freiheitsbewegung steht und willens ist, den Reformprozess nach allen
Kräften und demokratischen Prinzipien zu unterstützten.

Die Unruhen können zum Geburtshelfer neuer Gottesstaaten oder
Diktaturen werden, sie können aber auch Initialzündung für die
Modernisierung der arabischen Welt sein. Will der Westen letzteres,
sollte er sich von seiner Doppelmoral verabschieden.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

314211

weitere Artikel:
  • WAZ: Kampagnen sind zu wenig. Kommentar von Daniel Freudenreich Essen (ots) - Immer weniger Jugendliche trinken Alkohol. Schön und gut. Für große Freude liefert die neue Studie zum Alkoholkonsum junger Menschen aber keinen Grund. Nach wie vor trinken zu viele unter 16-Jährige Alkohol. Komasaufen ist beliebt. Machen wir uns nichts vor: Wenn ein Heranwachsender Schnaps trinken will, dann bekommt er ihn auch in Zukunft. Unter dem Strich müssen die Jugendlichen auch selbst auf den Trichter kommen, dass "Saufen" uncool ist. Der Staat muss aber dafür sorgen, dass diese Erkenntnis reifen kann, mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Ägypten Osnabrück (ots) - Sturz und Neuanfang Der Begriff vom "geordneten Übergang" ist gerade sehr in Mode - und doch schon wieder kurz davor, zum Unwort des Monats zu werden. Was wollen all die Politiker, die diesen geordneten Übergang entweder fordern oder versprechen? Natürlich wollen sie vorrangig, dass Ägypten nicht im Chaos versinkt. Niemand will das - die Bilder der letzten Straßenschlachten waren Horrorszenario genug. Aber hinter den Übergang-Aussagen steckt noch mehr: die Angst vor einer Haltung und der Versuch, die eigene Hilflosigkeit mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Konferenzen / Sicherheit Osnabrück (ots) - Welt im Wandel Die Weltordnung wird künftig nicht mehr so sein wie zuvor - egal, wie der Kampf um die Macht in Ägypten ausgeht. Die revolutionären Eruptionen in der arabischen Welt, die Rufe der Menschen nach Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung lassen derzeit alle Sicherheits- und Stabilitätskonzepte des Westens für den Nahen Osten wie Kartenhäuser zusammenfallen. Insofern sind die rasanten Veränderungen vergleichbar mit dem Ende des Kommunismus in Mittel- und Osteuropa vor zwei Jahrzehnten. Das ist mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Kirchen Osnabrück (ots) - Bischöfe sind am Zug Acht Monate vor dem Papstbesuch in Deutschland gärt es in der katholischen Kirche. Kürzlich forderten acht CDU-Politiker Reformen angesichts des Priestermangels - jetzt mahnen rund 150 Theologen weit tiefgreifendere Änderungen an. Im Krisenjahr 2010, als Missbrauchsskandale wie ein Sturm die Kirche durchschüttelten, hatten die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken einen Dialogprozess angestoßen. Doch nach außen ist bisher nur Stillstand erkennbar. Offenbar mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Keine Entwarnung Zum Alkoholkonsum bei Jugendlichen Cottbus (ots) - Ist von "der Jugend" die Rede, dann wird gelegentlich auch mal über die "Generation Suff" fabuliert. Doch das ist Unfug, wie seriöse Untersuchungen zeigen. Der Alkoholkonsum unter jungen Leuten ist rückläufig. Getrost zurücklehnen kann man sich ob dieser erfreulichen Tatsache aber noch lange nicht. Denn in den einschlägigen Expertisen ist auch belegt, dass ein harter Kern existiert: Vergleichsweise wenige Jugendliche trinken offenbar immer mehr. Der Volksmund nennt das "Komasaufen". Dagegen ist schwer anzukommen. mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht