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LVZ: Kauders Dickfelligkeit

Geschrieben am 03-08-2007

Leipzig (ots) - Von Bernd Hilder
Ginge es nicht um eine für die Demokratie so wichtige Sache wie die
Pressefreiheit, man könnte sich lustig machen über den
CDU-Bundestagsabgeordneten Siegfried Kauder, den offenbar
unzureichend informierten Vorsitzenden des
BND-Untersuchungsausschusses. Er habe zeitweise mehr aus den
Zeitungen über nicht-öffentliche Unterlagen seines Ausschusses
erfahren als in dem Gremium selbst. Eine bessere Werbung für die
Nützlichkeit von Zeitungen und anderen Medien kann Kauder gar nicht
unter die Leute bringen. Doch dem - meistens von hinteren
Bundestagsbänken agierenden - Bruder des Unions-Fraktionschefs geht
es nicht um Lob für freie Berichterstattung bei der Aufklärung von
Missständen, sondern um das Gegenteil: Er will Pressevertreter
gängeln, gefügig oder gar mundtot machen. Unter aktiver Hilfe von
Bundestagspräsident Lammert, ebenfalls CDU, und mit einer
Ausschuss-Mehrheit im Rücken hat er der Staatsanwaltschaft freien
Lauf gelassen, gegen Journalisten wegen der Beihilfe zum
Geheimnisverrat zu ermitteln. Kauder und Lammert haben politisch
falsch entschieden. Deswegen tragen sie für diesen Angriff auf die
Pressefreiheit die Verantwortung, nicht in erster Linie die
übereifrigen Staatsanwälte. Immerhin hat die Hamburger
Staatsanwaltschaft die Brisanz und rechtliche Fragwürdigkeit der
Attacke erkannt und sie als das bezeichnet, was sie mindestens ist:
"Quatsch".
Mit dem sogenannten Cicero-Urteil hat das Bundesverfassungsgericht
hohe Hürden aufgebaut, bevor gegen Journalisten wegen Beihilfe zur
Verletzung von Dienstgeheimnissen ermittelt werden darf. Dies war
eine eindeutige Stärkung der Pressefreiheit. Dass manche Politiker
aber trotzdem immer wieder versuchen, Journalisten in ihrer Arbeit zu
behindern oder sie einzuschüchtern, ist Dickfelligkeit - und spricht
Bände über ihr Denken Ohne unliebsame, lästige Presse ließen sich
Dinge viel leichter auskungeln und Unangenehmes unter den Teppich
kehren.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Auch Journalisten unterliegen
Recht und Gesetz. Wenn sie aber vertrauliche Unterlagen von
öffentlichem Interesse erhalten, dann ist es ihre professionelle
Pflicht, darüber zu berichten. Wollen Ausschussvorsitzende, der
Bundestagspräsident oder Staatsanwälte undichte Stellen stopfen, was
ebenfalls legitim ist, dann müssen sie gegen verdächtige
Bundestagsabgeordnete, Beamte oder Mitarbeiter vorgehen. Allerdings
dürfte auch dies nur in extrem seltenen Fällen zu Ergebnissen führen,
zumal Journalisten Zeugnisverweigerungsrecht genießen und
Quellenschutz ein ehernes Prinzip des Berufsstandes ist. Mit seinen
Attacken gegen die Pressefreiheit hat sich schon Ex-Innenminister
Schily verhoben. Kauder und Lammert wird es nicht anders ergehen.
Vom Deutschen Journalisten-Verband bis zum Bundesverband Deutscher
Zeitungsverleger ist das Urteil über die Ermittlungsverfahren
einhellig vernichtend. Inzwischen lassen auch immer mehr
Politiker-Kollegen Kauder und Lammert im selbstgemachten Regen
stehen. Wichtig ist jetzt, aus dem Vorgang Lehren zu ziehen, die nach
dem Cicero-Urteil im Februar versäumt wurden. Durch klare
Gesetzesänderungen muss der Schutz von Journalisten verbessert
werden.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : feed://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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