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LVZ: Traumstörer

Geschrieben am 04-04-2007

Leipzig (ots) - Von Armin Görtz
So wünschen wir braven Bürger uns die Welt: Nie möge ein Polizist
auftauchen, wenn uns der Fuß etwas heftig aufs Gaspedal gerutscht
ist. Hingegen sollen doch bitteschön stets ein paar Mann von der GSG
9 hinter der Hecke parat stehen, wenn uns nachts im Stadtpark ein
Finsterling begegnet. Per Mausklick, so lautet unsere Erwartung,
müssen Ermittler mühelos in der Lage sein, jeden Verbrecher
sekundenschnell verhaften zu lassen. Zugleich fordern wir, dass
Sicherheitsbehörden sich nie und nimmer mit Daten von unbescholtenen
Menschen befassen. Welch herrliche Träume - doch ein Mann wird nicht
müde, sie zu stören: Wolfgang Schäuble ist von Amts wegen zum
Realismus verpflichtet. Während der Bundesinnenminister gestern bei
einem Treffen mit seinen Kollegen aus den USA und Russland erneut
Entschlossenheit im Kampf gegen Terror und organisierte Kriminalität
demonstrierte, diskutiert das heimische Volk voll Unruhe Schäubles
Ideen für verschärfte Sicherheitsgesetze. Anders als in den USA, in
Russland, Spanien oder Großbritannien, wo sich das Schreckensszenario
von Anschlägen tief ins öffentliche Bewusstsein gebrannt hat, stoßen
Ideen zur Gefahrenabwehr hier zu Lande auf mehr Misstrauen als
Beifall.
Dabei ist die Vermutung, Schäuble wolle Deutschland zum
Überwachungsstaat machen, ein Gerücht. Die Behauptung, er plane
Fingerabdrücke und biometrische Daten von jedermann zentral speichern
zu lassen, hat der Minister inzwischen jedenfalls als Unsinn
zurückgewiesen. Schließlich ist er klug genug zu wissen, dass er mit
solchen Ideen - wenn er sie denn hätte - nicht durchkommen würde. Das
Bundesverfassungsgericht achtet auf den Schutz der Freiheitsrechte.
Hinzu kommt: Den Kampf gegen Terror und Verbrechen können Behörden
nur im Schulterschluss mit den wachsamen Bürgern erfolgreich führen.
Die wären schlechte Bundesgenossen, stünden sie selbst unter
Dauerverdacht und würden sich durch Misstrauen und Überwachung
gegängelt fühlen.
Aber wenn Verbrecher jede Art von Hightech nutzen können, darf der
Staat nicht zurückbleiben. Eine wohl abgewogene Ausweitung der
Sicherheitsvorkehrungen richtet sich keineswegs gegen den Einzelnen,
sondern kann zu seinem Schutz beitragen. Was eigentlich spricht gegen
die von Schäuble geforderte Rasterfahndung - also das gezielte
Durchkämmen ohnehin vorhandener behördlicher Datensammlungen auf der
Grundlage von Täterprofilen? Mag sein, dass dadurch einige
Unschuldige zeitweilig ins Visier der Ermittler geraten - doch in
erster Linie bestätigt der Daten-Check die Unverdächtigkeit fast
aller Durchleuchteten. Eine heimliche Ausspähung von Computern wäre
dagegen eine unzumutbare Verletzung der Privatsphäre - es sei denn,
die Aktion wird auf den dringenden Verdacht schwerer Verbrechen
begrenzt und den Betroffenen zumindest hinterher offenbart. Einen
faden Nachgeschmack hinterlassen Schäubles Ideen in jedem Fall. Sie
sind unerfreulich - aber unvernünftig, nein, das sind sie nicht.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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