 LVZ: LVZ-Kommentar zu Schule / Gewalt
Geschrieben am 31-03-2006 |
Leipzig (ots) - Mehr Druck
Von Olaf Majer
Eine Schule ohne Schulleitung, Lehrer in Todesangst mit dem Handy für
Notrufe in der Hand, totale Ablehnung jedes Unterrichtsstoffs -
dieser Hilferuf liest sich wie ein UN-Bericht aus einem
Entwicklungsland. Doch die Anarchie ist nicht irgendwo, sie ist
mitten in der Bundeshauptstadt, keine zehn Kilometer vom Kanzleramt
entfernt.
An der Berliner Rütli-Schule herrscht Ausnahmezustand. Und alle sind
ratlos. Leider ist es wie so oft in der Politik: Erst wenn das Kind
in den Brunnen gefallen ist, entdeckt man Handlungsbedarf. Vieles
bleibt dann blinder Aktionismus.
Die Ursachen der ausufernden Gewalt liegen tiefer, die Eskalation an
der Neuköllner Hauptschule ist eine Folge verfehlter
Einwanderungspolitik. Im Bestreben, nach der Katastrophe des Dritten
Reiches alles richtig zu machen, ist Deutschland vom dumpfen
Nationalismus in das andere Extrem der grenzenlosen, viele Probleme
ignorierenden Toleranz gekippt. Doch der Traum vom bunten Miteinander
ist vielerorts geplatzt. Wer die Risse in der Gesellschaft ignoriert
und 80 Prozent nicht integrierte Zuwandererkinder in Schulklassen
noch für eine kulturelle Bereicherung hält, dem ist nicht mehr zu
helfen.
Der Druck zur Integration muss erhöht werden, notfalls auch über
Sanktionen. Wer die Sprache seines neuen Heimatlandes nicht sprechen
will, Teile des Schulunterrichts für seine Kinder ablehnt, Regeln und
Werte der Bundesrepublik bekämpft, der darf nicht erwarten, sich aus
dem kompletten Katalog des Sozialstaates bedienen zu dürfen.
Ideologische Mauern stehen auf dem Weg zu einer erfolgreichen,
nachhaltigen Eingliederung nur im Weg. Hochnäsiger Spott über
Stadt-Land-Fluss-Fragebögen für Einbürgerungswillige ist ebenso
überflüssig wie Schuldzuweisungen an überforderte Pädagogen oder
vorschnelle Änderungsrufe im Bildungssystem. Die Schule kann nicht
Reparaturwerkstatt für Konstruktionsfehler der Politik sein.
Originaltext: Leipziger Volkszeitung
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