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WAZ: Der Fall Mitja wühlt auf: Verbrechen an den Kindern - Leitartikel von Lutz Heuken

Geschrieben am 28-02-2007

Essen (ots) - Als vor Jahren ähnlich schreckliche Fälle wie der
des missbrauchten und getöteten Mitja das Land erschütterten, sprach
der damalige Bundeskanzler Schröder das aus, was viele Menschen
dachten. Kinderschänder solle man "wegschließen - und zwar für
immer".

Hat Schröder nicht Recht? Natürlich darf der Mörder des kleinen
Mitja nie wieder auf freien Fuß kommen. Uwe Kolbig, der mutmaßliche
Täter, ist wegen Kindesmissbrauchs fünffach vorbestraft. Wenn er
gefasst und verurteilt wird, muss der Staat dafür sorgen, dass Uwe
Kolbig nie wieder Gelegenheit hat, ein Kind zu quälen. Dabei geht es
nicht um Rache; es geht um den verständlichen Wunsch der Gesellschaft
- der Eltern und der Kinder - vor solchen Tätern geschützt zu werden.
Für immer.

Wie überhaupt konnte es zum Fall Mitja kommen? Warum nur gibt der
Staat einem Sextäter die Chance, ein drittes, viertes, fünftes Mal
ein Opfer zu quälen?

Es gibt gute Gründe dafür, dass in einem liberalen Staat auch
mehrfach vorbestrafte Ladendiebe oder Betrüger nach Verbüßung ihrer
Strafe die Chance erhalten, unbehelligt vom Staat ihr Leben zu
führen. Aber darf das auch für vielfache Kinderschänder oder
Vergewaltiger gelten? Muss hier nicht der Schutz künftiger Opfer
eindeutig Vorrang haben vor dem Wohl der Täter? Müssen Sex-Täter
nicht nach ihrer Haftentlassung viel länger und enger unter Kontrolle
stehen, wie Sachsens Justizminister Mackenroth fordert. Wie konnte es
passiereren, dass Uwe K. nach all seinen Taten ausgerechnet in einem
Schulzoo arbeitete?

Bei aller nötigen Härte, die im Umgang mit Sextätern angebracht
ist: Das Problem des Kindesmissbrauchs ist allein mit den Mitteln des
Strafrechts nicht zu bekämpfen. Denn Fälle wie die des Uwe K. sind
eher die Ausnahme: nicht fremde Männer, die Kindern irgendwo
auflauern, stellen die Mehrzahl der Täter. Die meisten der
furchtbaren Täter stammen aus dem Umfeld der Opfer: Väter, Onkel,
Cousins, Nachbarn, Sporttrainer. Hier finden die fiesen Berührungen
statt, die schmierigen Grabschereien, die Vergewaltigungen, die die
Kinderseelen so unendlich verletzen können.

Zum Glück enden die wenigsten Fälle so wie der Fall Mitja. Die
meisten Kinder haben die Gelegenheit, sich zu wehren. Um das zu tun,
brauchen sie mehr Selbstbewusstsein - und Erwachsene, die ihnen
zuhören und die sie ernstnehmen. Letztendlich ist das viel wirksamer
als jede harte Abstrafung der Täter. So richtig sie auch ist.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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