(Registrieren)

Westdeutsche Zeitung: Cicero-Urteil = von Peter Kurz

Geschrieben am 27-02-2007

Düsseldorf (ots) - Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem
Cicero-Urteil der Pressefreiheit einen großen Dienst erwiesen. Der
bloße Verdacht, ein Behördenmitarbeiter habe Dienstgeheimnisse an die
Medien ausgeplaudert, rechtfertigt nicht die Durchsuchung von
Redaktionen und bei Journalisten.
Die Richter haben damit ein wichtiges Grundrecht gestärkt. Ein
Grundrecht, das nicht nur garantieren soll, dass Journalisten und die
hinter ihnen stehenden Medienunternehmen frei ihren Aufgaben
nachgehen können. Es geht um viel mehr: Jeder Bürger profitiert von
der Pressefreiheit. Sie ist wesentliches Element eines freiheitlichen
Gemeinwesens, dessen Bürger sich nicht nur darauf verlassen wollen,
dass sich die staatlichen Gewalten gegenseitig kontrollieren. Sondern
dass diesen auch die Medien auf die Finger schauen. Das könnten die
Medien aber nicht, wenn die Justiz den "Wachhund Presse" nach
Belieben an die Kette legen dürfte. Und wenn Redaktionen jederzeit
mit Durchsuchungen rechnen müssten, bei denen vertrauliches Material
beschlagnahmt wird.
Aber muss man nicht auch Verständnis für eine Behörde haben, die eine
vertrauliche und interne Information plötzlich in der Presse
veröffentlicht sieht? Eine Behörde, die bei der Suche nach dem
Informanten aus den eigenen Reihen nicht weiterkommt und diesen mit
richterlicher Hilfe über den Umweg "Durchsuchung der Redaktion"
aufspüren will? Gewiss kann man dieses Anliegen verstehen. Doch
rechtfertigt es nicht, das hohe Gut der Pressefreiheit zu opfern.
Die Presse ist, wenn sie ihrer Aufgabe gerecht werden will, auf
Informationen, auch auf vertrauliche Hinweise, angewiesen.
Informanten, die Missstände aus ihrem Lebensbereich zur Sprache
bringen, gehen dabei ein hohes Risiko ein, zum Beispiel den Verlust
ihres Jobs. Kann sich der Informant nicht auf Vertraulichkeit
verlassen, so wird er dichtmachen. Für die Presse heißt das: Die
Informationsquelle versiegt.
Jede Durchsuchung in Redaktionen und bei Journalisten schwächt das
Vertrauen möglicher Informanten. Und damit die Pressefreiheit. Eine
Pressefreiheit, die unseren Staat so wohltuend abhebt von Regimen, in
denen die Mächtigen ihre potenziellen Kontrolleure einschüchtern und
unterdrücken.

Peter Kurz
Politikredaktion
Westdeutsche Zeitung
Tel. 0211/83822223
Fax: 0211/83822392

peter.kurz@westdeutsche-zeitung.de
www.wz-newsline.de

W.Girardet KG
Königsallee 27
40212 Düsseldorf
Kommanditgesellschaft; Sitz: Düsseldorf
Amtsgericht Düsseldorf HRA 8806

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=62556
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2526
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

56398

weitere Artikel:
  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Cicero-Urteil Halle (ots) - Aus Sicht nicht nur der Medien, sondern der Öffentlichkeit überhaupt kann man den Spruch nur begrüßen. Denn wo kämen wir umgekehrt bitteschön hin, wenn schon der Verdacht, ein Journalist habe eine amtliche Quelle zum Sprudeln gebracht, ausreichte, um die Redaktion unter Druck zu setzen und zu kriminalisieren? Hier gehört der Staat, dessen Ordnungsmacht ihm zu aller Wohl gegeben und selbstverständlich unbenommen ist, eindeutig an die Kette. Was wiederum nicht heißt, dass die Medien nicht zu größtmöglicher Korrektheit vor mehr...

  • Südwest Presse: Kommentar zur Pressefreiheit Ulm (ots) - Ob sich Otto Schily noch erinnert? Gestern haben vor dem Bundesverfassungsgericht jedenfalls jene gesiegt, denen der damalige Bundesinnenminister auf dem Höhepunkt der "Affäre Cicero" bescheinigt hatte, zu den "Hanseln" zu gehören, die von Recht und Ordnung keine Ahnung haben. Die Karlsruher Richter haben aber nicht nur indirekt Schily gerüffelt, ihr Spruch dürfte auch gesetzgeberische Folgen haben. Für die Presse insgesamt und den Berufsstand der Journalisten im Besonderen ist das ein großer Erfolg. Es wird in Zukunft jedenfalls mehr...

  • Westfalenpost: Ein guter Tag . . . . . . für die Medien und ihr Publikum Hagen (ots) - Von Winfried Dolderer Das ist sicher ein schlechter Tag für Geheimniskrämer in den Amtsstuben der Republik. Auf die Hilfe des Staatsanwalts werden sie künftig nicht mehr rechnen können, um sich gegen die Neugier der Publikums abzuschirmen. Dafür dürfen wir uns beim Verfassungsgericht bedanken und bei der Redaktion der Zeitschrift "Cicero", die sich eine Durchsuchungsaktion nicht gefallen ließ und durch alle Instanzen klagte. Die Zeitschrift hatte aus einem als vertraulich eingestuften Dokument des Bundeskriminalamts zitiert. mehr...

  • WAZ: Erleuchtung - Kommentar von Jürgen Polzin Essen (ots) - Autofrei und Spaß dabei. Kampagnen dieser Art haben im automobilen, Tempolimit-freien Deutschland naturgemäß eine kurze Laufzeit. Auch die autofreien Wochenenden im Dienste des Klimaschutzes und der Luftreinhaltung sind politisch kaum durchzusetzen. Sicher, jede eingesparte Tonne CO2 macht Sinn angesichts dessen, was die Treibhausgase anrichten. Nur: Was bringt ein Tag der Besinnung, wenn wir an den anderen 364 Vollgas geben? Wir brauchen sparsame Autos, einen attraktiven Nahverkehr und eine Erleuchtung: Klimaschutz heißt mehr...

  • WAZ: Was das Cicero-Urteil bedeutet: Ein Spruch für die Aufklärung - Leitartikel von Ulrich Reitz Essen (ots) - Gammelfleisch-Händler decken keine Gammelfleisch-Skandale auf. Weder Unternehmen noch Gewerkschaften decken, siehe VW, Korruptionsaffären auf. Parteien decken keine Parteispenden-Betrügereien auf. Behörden decken keine Behörden-Schlampereien auf. Und so weiter. Oft genug versagen staatliche oder wirtschaftliche oder gesellschaftliche Kontroll-Organe. Glaubt man etwa den Korruptions-Berichten von Anti-Korruptionsorganisationen, dann wird nicht zu viel aufgeklärt, sondern bei weitem zuwenig. Auch, ja selbst in Deutschland. mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht