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Rheinische Post: Wer nichts wagt, gewinnt

Geschrieben am 26-03-2006

Düsseldorf (ots) - Von Sven Gösmann

Bei den drei Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz
und Sachsen-Anhalt haben die drei Volksparteien erfolgreich
abgeschnitten. Drei Volksparteien? Drei: die CDU in Baden-Württemberg
und mit Abstrichen in Sachsen-Anhalt; die SPD in Rheinland-Pfalz;
überall jedoch lagen die Nichtwähler vorn.
In Sachsen-Anhalt maßen die Demoskopen mit 44 Prozent die niedrigste
Beteiligung bei einer Landtagswahl überhaupt. Zweitstärkste Kraft
wurde dort die PDS mit ihren Heilsversprechen. Im Südwesten wie an
Rhein und Mosel gingen ebenfalls erheblich weniger Menschen als
früher zur Wahl. Sie erwiesen sich aber als immun gegen Parolen von
links und rechts. So blieb die These, dass große Koalitionen zu einem
Ausfransen der politischen Ränder führen, noch ohne durchgehenden
Beleg. Das schrumpfende Interesse der Bevölkerung an der Gestaltung
der eigenen Verhältnisse, indem man das Wahlrecht als Bürgerpflicht
versteht, bleibt aber die alarmierendste Erkenntnis dieses
"Super-Wahlsonntags".
Die Kanzlerin und ihre große Koalition werden sich trotzdem bestätigt
fühlen. Diejenigen, die ihre Stimme abgaben, stärkten Schwarz-Rot.
Regionale Ausreißer, wie das sehr gute Abschneiden der SPD von
Ministerpräsident Kurt Beck in Mainz, unterstreichen diese Analyse
nur: Wer verkörpert mehr als der gemütliche Pfälzer mit seiner
Allen-wohl-und-niemand-wehe-Rhetorik jene Sehnsucht nach Harmonie,
die kein Bündnis besser erfüllt als die große Kuschelkoalition?
Prompt dürfte es eine weitere Auflage dieses Modells in Magdeburg
geben, wo Ministerpräsident Böhmer ebenfalls den wärmenden Mantel des
Landesvaters über alle Probleme deckte.
Die Wähler und sogar die Nichtwähler haben gestern ihrer präsidial
auftretenden Kanzlerin und Schwarz-Rot einen zeitlichen Kredit
eingeräumt. Diesen Kredit könnte Angela Merkel schon in dieser Woche
nutzen. Die Beratungen über Haushalt und Gesundheitsreform in den
kommenden Tagen bieten genügend Stoff für den Reform-Startschuss.
Die Geduld, die die Wähler bewiesen haben, könnte diesen aber gerade
verhindern. Der Ruf nach mehr Mut zu Veränderungen ist gestern schon
zum zweiten Mal nach der Bundestagswahl nicht belohnt worden. Eine
alternative Mehrheit zur Politik der kleinen Schritte von Schwarz-Rot
existiert derzeit nicht. Wie zur Bestätigung flogen die
verbalradikalen Freidemokraten aus zwei Landesregierungen. Die
orientierungslosen Grünen sitzen überhaupt nur noch in sieben
Länderparlamenten. So bemühten sich die Spitzen von Union und SPD
auch eilig, aus den Wahlergebnissen eine rückhaltlose Unterstützung
ihres bundespolitischen Kurses herauszulesen. Reformwillen aber
entsteht nur durch Leidensdruck. Den verspürt die große Koalition
seit gestern kaum mehr. Es wird zwar viel von Veränderung geredet, ob
den Worten aber Tagen folgen? Nach diesem Wahltag bleiben Zweifel.

Originaltext: Rheinische Post
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30621
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_30621.rss2

Rückfragen bitte an:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303


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