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WAZ: Es gibt nicht nur Sozial-Reformen Die Regierung und der Kapitalismus - Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 26-12-2006

Essen (ots) - Die Bundesregierung werkelt am Kapitalismus. Das ist
schon darum eine Nachricht, weil es außer einem Fachpublikum kaum
jemand weiß. Das muss man der Regierung Merkel anlasten. Sie ist
gerade dabei, den Kernfehler der Regierung Schröder zu wiederholen,
die Ziele ihrer Politik nicht klar und öffentlich zu erläutern und
die einzelnen Schritte in einen nachvollziehbaren Zusammenhang zu
stellen.

Dabei ist das Thema enorm wichtig. So will die Regierung in
Berlin Hedge-Fonds stärker kontrollieren. Von denen gibt es weltweit
circa 9000, und sie verwalten mindestens 1,3 Billionen US-Dollar,
vielleicht, folgt man dem Bundesfinanzministerium, auch knapp fünf
Billionen. Hedge-Fonds, das sind häufig jene Finanzinvestoren, die
für das schnelle Geld Unternehmen gerne auch zerschlagen und darum
von Müntefering Heuschrecken getauft wurden. Hedge-Fonds
revolutionieren die Spielregeln des Kapitalismus, verschieben sie von
der langfristigen Mehrung des Firmenwertes in Richtung
Rendite-Maximierung, der alle anderen Ziele, etwa die Zufriedenheit
und damit die nachhaltige Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter,
untergeordnet werden. Eine Abstimmung darüber, ob Gesellschaften dies
für wünschenswert halten oder eben nicht, findet nicht statt, denn
Hedge-Fonds entziehen sich erfolgreich politischer Kontrolle. Hier
anzusetzen, ist nicht nur politisch, sondern auch moralisch geboten.
Nur: Mit einer Meldepflicht für Hedge-Fonds kann es da nicht getan
sein. So bescheiden sollte die Regierung nicht sein. Erklären müsste
sie zudem, wie eine steuerliche Entlastung der (inzwischen klotzig
verdienenden) Firmen von fünf Milliarden Euro dazu passt. Passt sie
überhaupt dazu?

Sinnvoll ist es, wenn die Regierung das Aktienrecht so
umschreiben will, dass Vorstandschefs untersagt wird, direkt
Aufsichtsratsvorsitzende zu werden. Bemerkenswert, wenn gerade die
Partei Erhards, die Union, hier auf einen Riesenstreit mit nahezu der
gesamten Wirtschaftselite zusteuert. Eine Reform wäre aber richtig:
Weshalb sollten Aufsichtsratschefs die Fehler herausfinden und
korrigieren können, die sie als Unternehmensführer unmittelbar vorher
selbst begangen haben (von Pierer bei Siemens, Piëch bei VW)? In
Planung ist außerdem eine steuerliche Förderung von
Unternehmensbeteiligungen (Investivlohn), worüber man durchaus
streiten kann.

Hedge-Fornds kontrollieren, Vorstand und Aufsichtsrat
entflechten, Investivlohn einführen, man ahnt die neue Richtung. Aber
alles findet ohne Erklärung, ohne große Debatte statt. Ist das etwa
gewollt?

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

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Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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