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WAZ: Amoklauf eines 18-Jährigen: Kein Abschied von der Menschlichkeit - Kommentar von Christopher Onkelbach

Geschrieben am 20-11-2006

Essen (ots) - Verabschiede dich von der Menschlichkeit - "Say:
Good Bye Humanity" stand in blutroten Lettern auf der Internetseite
des 18-Jährigen. Dort präsentierte er sich in Kampfmontur und mit
Killerblick, eine Maschinenpistole in den Händen oder ein Gewehr.
Jeder konnte die Bilder anklicken. Er hat alle Welt wissen lassen,
wie er tickt, dass er voller Hass ist und zu allem entschlossen.
Seinen Selbstmord habe er offen angekündigt, heißt es, und immer
wieder habe er Mitschülern gedroht. "Ich verabscheue Menschen", stand
auf seiner Homepage. Jeder konnte es lesen.

Hätte man es wissen müssen? Hätte man den Amoklauf verhindern
können? Offensichtlich galt er nur als durchgeknallter Waffen-Freak
und niemand bemerkte, dass der Junge eine tickende Zeitbombe ist.
Warum nicht? Diese Frage nach der Tat zu stellen ist leicht, dennoch
muss man darauf eine Antwort suchen. Der 26. April 2002 muss allen
eine stete Warnung bleiben: An diesem Tag erschoss ein 19-Jähriger in
Erfurt am Gutenberg-Gymnasium 16 Menschen. In Emsdetten galt der
18-Jährige als Sonderling, er trug nur schwarze Kleidung, liebte
Ballerspiele, war verschlossen. Ein Lehrer sagte, dass man nie an ihn
herankam.

Ohne auch nur ein Gramm des Gewichtes seiner Schuld von dem
18-Jährigen nehmen zu wollen, muss man sich doch fragen: Was treibt
einen jungen Menschen zu einer solchen Tat? Offenbar wollte ein
extrem frustrierter Jugendlicher noch einmal alle Welt auf sich
aufmerksam machen. Der Entschluss zum Selbstmord steht meist am
Endpunkt einer langen Kette fortgesetzter Demütigungen, das weiß die
Wissenschaft durch die Analyse vieler Selbstmordattentate. Von großem
Lebensfrust, von trostloser Sinnleere spricht die Polizei nun. In
seinem Abschiedsbrief schrieb er: "Das einzigste, was ich intensiv in
der Schule beigebracht bekommen habe, war, dass ich ein Verlierer
bin."

Das alles rechtfertigt nichts, gibt aber womöglich einen Hinweis
darauf, wie man sich zuspitzende Entwicklungen bei Jugendlichen
früher bemerken könnte. Hätte die Umwelt - Eltern, Lehrer,
Mitschüler, Freunde - aufmerksamer sein können? Hätte man diesen
aufgestauten Hass auf sich und die Welt eher erkennen und - vor allem
- ernster nehmen müssen? Vielleicht hätte die Tat verhindert werden
können.

Am Ende bleiben immer nur die vielen Fragen, das Entsetzen,
Trauer und Mitgefühl. Wenn eine solche Wahnsinnstat einen Sinn haben
soll, dann diesen: Wir müssen versuchen, daraus zu lernen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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