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WAZ: Willkommen im Raumschiff Berlin - Kommentar von Ulrich Reitz

Geschrieben am 26-09-2006

Essen (ots) - Sollte sie es wirklich noch nicht gewusst haben,
dann dürfte es ihr jetzt klar sein: Angela Merkel hat nun erfahren,
wie einsam Macht macht. Edmund Stoiber von der CSU, der von einem
solchen Kaliber ist, dass er sich nicht einmal von München nach
Berlin traute, bestätigt nun die alte Steigerung: Freund, Feind,
Parteifreund. Westerwelle lässt die Kanzlerin über den fröhlichen
Herrn Brüderle wissen, dass es womöglich mit SPD-Beck besser
funktioniere als mit ihr, selbst wenn Grün-Trittin mit am
Kabinettstisch sitzen würde. Es ist nun einmal das Naturgesetz des
Neides: Je höher man steigt, desto größer wird die Zahl der
Beckmesser-Werfer.

Legendär ist indes die Nervenstärke der Kanzlerin. Manche haben
schon vergessen, dass diese Eigenschaft ursächlich war für den
unvergleichlichen Aufstieg der No-Name-Politikerin aus dem Osten an
die Spitze der großen bürgerlichen Westpartei. Und so wird Merkel
kühl die Relevanz der derzeitigen Koalitionsspielchen analysieren.
Das sieht dann so aus: Klar, Beck, Westerwelle und Trittin könnten
sich zusammentun und den neuen Kanzler wählen. Dass Beck nicht im
Bundestag sitzt, ist dafür kein Hindernis. Kiesinger, der Kanzler der
ersten Großen Koalition, war auch kein Bonner Parlamentarier. Nur:
Was böte diese sogenannte Senegal-Koalition, was die derzeitige
Formation nicht bietet?

Auf alle Fälle wäre sie noch instabiler, Programmatisch verbindet
SPD und FDP rein gar nichts. Die SPD entwickelt sich zurück vor ihre
Schröder-Clement-Zeit, entdeckt ihre alte Liebe zum Staat als
Reparaturbetrieb wieder. Die FDP vor allem in Sozialdingen
prinzipiell anti-staatlich. Eine liberale Gesundheitsreform hätte mit
dem, was die SPD will, nichts gemein. Über die Arbeitsmarktpolitik
brauchte man nicht zu reden, gleichfalls Steuer-Fragen. Und selbst in
der Außenpolitik, siehe Libanon-Einsatz, würde es schwer. Auch müsste
die FDP fürchten, wegen der Beimischung der Grünen, die den
Sozialdemokraten näher stehen, schlicht unterzugehen. Und der
unionslastige Bundesrat würde alles blockieren.

Das Geplänkel über neue Bündnisse decouvriert eigene
Unsicherheiten auf allen Seiten. SPD und Union justieren gerade,
Ausgang offen, ihre Programme neu. FDP und Grüne sorgen sich um ihre
Bedeutung. Und alle gemeinsam fürchten ein Erstarken von Linkspartei
und NPD.

Sofern könnte man die Sache gelassen sehen. Wenn, ja wenn nicht
der Bürger als Zuschauer über so viel staatspolitischer
Pflichtvergessenheit allmählich kirre würde.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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