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Bundesregierung setzt Vorreiterrolle im Klimaschutz mit mangelhaftem CO2-Zuteilungsplan aufs Spiel

Geschrieben am 08-09-2006

Berlin (ots) -

- Querverweis: Ein Dokument liegt in der digitalen
Pressemappe zum Download vor und ist unter
http://www.presseportal.de/dokumente abrufbar -

Wegen tief greifender Mängel im "Nationalen Allokationsplan" NAP 2
fürchtet die Deutsche Umwelthilfe, dass der Emissionshandel mit
Kohlendioxid-Zertifikaten insgesamt in Misskredit gerät - statt der
Wirtschaft anspruchsvolle Minderungsverpflichtungen beim Kohlendioxid
aufzuerlegen, erweist sich der Plan der Regierung eher als Lizenz zur
Emissionssteigerung - Es besteht ein hohes Risiko, dass der Staat in
großem Stil von ihm selbst kostenlos verteilte Zertifikate später von
den Energiekonzernen zurückkaufen muss - DUH-Bundesgeschäftsführer
Rainer Baake ruft Bundestag und Bundesrat auf, "als Gesetzgeber die
Notbremse zu ziehen"

08. September 2006: Der vom Bundeskabinett bereits verabschiedete
Zuteilungsplan für Treibhausgase bis 2012, droht sein Ziel einer
anspruchsvollen Verringerung der klimaschädlichen Abgase aus
Energiewirtschaft und Industrie deutlich zu verfehlen. Möglich ist
wegen "tief greifender Mängel in der konkreten Ausgestaltung" des so
genannten nationalen Allokationsplans 2 (NAP 2) sogar ein Anstieg der
klimaschädlichen Gase in Deutschland. Darauf hat die Deutsche
Umwelthilfe e. V. (DUH) in Berlin hingewiesen und außerdem davor
gewarnt, dass am Ende sogar der Staat zuvor an große Energiekonzerne
kostenlos verteilte Zertifikate mit dreistelligen Millionenbeträgen
pro Jahr zurückkaufen müsse.

"Wenn der Emissionshandel wegen schwerer handwerklicher Mängel in
Misskredit gerät und seine Ziele verfehlt, werden wir uns über kurz
oder lang eines der europa- und weltweit wirksamsten Instrumente zur
Eindämmung des Treibhauseffektes selbst aus der Hand schlagen",
mahnte der neue DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Anlässlich
seiner Analyse des vom Bundeskabinett bereits verabschiedeten Plans
wies Baake darauf hin, dass der Handel mit Kohlendioxid-Zertifikaten
entgegen zuletzt weit verbreiteter Vorurteile bereits in seinem
Startjahr 2005 seine Wirksamkeit eindrucksvoll bewiesen habe. Anhand
der neuesten - gegenüber früher korrigierten - Datensätze der
Bundesregierung über die nationale Treibhausgaslast lasse sich
zeigen, dass die Emissionen aus den vom Zertifikathandel erfassten
Sektoren Energiewirtschaft und Industrie nach einem Anstieg bis 2004
im Jahr 2005 erstmals wieder kräftig gesunken seien. "Trotz einer von
der Industrie unterschriebenen Selbstverpflichtungserklärung zur
Treibausgasminderung stiegen die Emissionen bis 2004 massiv an und
sie sanken im Jahr 2005, als der Emissionshandel eingeführt wurde.
Dieser Befund gibt Anlass zu Optimismus." Allerdings drohe der
Anfangserfolg zur Episode zu werden, "wenn Bundestag und Bundesrat
als Gesetzgeber nicht die Notbremse ziehen."

Im Einzelnen warf Baake der Bundesregierung vor, die
Öffentlichkeit mit einer in Wirklichkeit nur "virtuellen
Minderungsverpflichtung" für die Energiewirtschaft zu täuschen. Zum
einen werde die Minderungsverpflichtung gegen ein Emissionsniveau
gerechnet, dass längst deutlich unterschritten sei. Zum anderen
enthalte der Plan Regelungen mit denen die Stromwirtschaft
Minderungsverpflichtungen durch den Scheinbetrieb von Anlagen
problemlos ausgleichen könne. Aktiver Klimaschutzmaßnahmen bedürfe es
dafür nicht.
Weil in Zukunft überschüssige Zertifikate von Anlagen, die in der
Handelsperiode weit unter ihrer bisherigen Kapazitätsauslastung
eingesetzt wurden, nicht mehr nachträglich vom Staat eingezogen
werden sollen, erwartet der DUH-Geschäftsführer, dass die Unternehmen
von der so genannten "Übertragungsregel" keinen Gebrauch mehr machen
werden. Sie hat bisher als Modernisierungsanreiz gewirkt. Nach dieser
Regel kann ein Betreiber, wenn er eine ineffiziente Altanlage
stilllegt, die Zertifikate der Altanlage für vier Jahre ungekürzt auf
seine Neuanlage übertragen. Unter den neuen Bedingungen ist es jedoch
viel lukrativer, die Altanlage mit geringer Leistung im Scheinbetrieb
weiterzufahren und dafür die volle Zertifikatausstattung zu
kassieren. Die Neuanlage wird dann - wie die eines Neulings am Markt
- kostenlos aus dem so genannten Reservetopf mit Zertifikaten
bedient. Perverse Folge: Diese Reserve wird schnell erschöpft sein
und am Ende muss der Staat zuvor kostenlos an die Energieversorger
verteilte Emissionszertifikate (etwa über die Kreditanstalt für
Wiederaufbau, KfW) am Markt aufkaufen, um den Reservetopf für
Neuanlagen aufzufüllen. Dreistellige Millionen-Eurobeträge pro Jahr
müssten letztlich aus Steuergeldern bereitgestellt werden. (Zwar gibt
es einen Rechtsstreit mit der EU-Kommission wegen der deutschen
Regel im NAP 1, Zertifikate aus dem Scheinbetrieb von Anlagen
einzuziehen. Doch hat die Bundesregierung nach Informationen der DUH
beste Chancen, das Verfahren zu gewinnen.)

Außerdem wirft die DUH der Regierung vor, auf eine europarechtlich
zulässige Teil-Versteigerung der Zertifikate zu verzichten, weil sie
den Konflikt mit den Energieunternehmen scheue. Bei einer
Teilversteigerung würden die Unternehmen zwar die Kosten in die
Stromtarife "einpreisen", doch das haben sie bisher auch schon getan
und kassieren so immense Sondergewinne - obwohl die Zertifikate vom
Staat kostenlos ausgegeben wurden. Bei einer Versteigerung könnte der
Staat die erzielten Einnahmen zum Beispiel zur Senkung der
Stromsteuer einsetzen und so Preis dämpfend am Strommarkt wirken. Die
Konsumenten könnten so um ca. 3,7 Milliarden Euro entlastet werden.

Die DUH kritisiert, dass der Verzicht auf ambitionierte
Minderungsanforderungen an Energiewirtschaft und Industrie dazu
führt, dass die so entstehende "klimapolitische Deckungslücke" auf
die nicht vom Zertifikathandel erfassten Sektoren private Haushalte
und Verkehr verschoben wird.

Der DUH-Geschäftsführer forderte die Abgeordneten des Bundestages
und die Länderregierungen auf, den Nationalen Allokationsplan 2 nicht
in der vorliegenden Form zum Gesetz werden zu lassen und legte in
seiner Analyse entsprechende Korrekturvorschläge vor: "Das Mengenziel
muss erheblich ambitionierter festgelegt werden und die Möglichkeit,
einen Teil der Zertifikate zu versteigern, sollte genutzt werden".
Außerdem dürfe der Staat keinesfalls auf ein Instrument gegen den
Scheinbetrieb von Energieanlagen verzichten. Sonst wirke "der
Emissionshandel als Stilllegungsprämie und der Staat würde in letzter
Konsequenz den Kapazitätsabbau in Deutschland und die Verlagerung
industrieller Produktion ins außereuropäische Ausland mit großzügig
verschenkten Zertifikaten subventionieren."

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=22521
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Für Rückfragen:
Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 030 258986-0, Mobil.: 0151 55016943, Fax.: 030
258986-19, E-Mail: baake@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19, Mobil: 0171 5660577,
E-Mail: rosenkranz@duh.de


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