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Wortbruch von VDA-Präsident Wissmann: neues chemisches Pkw-Kühlmittel wird ab 2011 zum akuten Gesundheitsrisiko für Insassen und Unfallretter

Geschrieben am 26-08-2010

Berlin (ots) - Studie des Umweltbundesamt (UBA) über das chemische
Kältemittel 1234yf bestätigt frühere Messungen der Deutschen
Umwelthilfe und entlarvt die Aussagen des Verbandes der
Automobilindustrie als "vorsätzliche Verbrauchertäuschung" - Risiken
der Chemikalie bei Fahrzeugbränden nicht kontrollierbar -
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) verweist auf
umfassende Gefahrenanalyse und bestätigt: lebensgefährliche
Flusssäure entsteht bei fast allen Testreihen - DUH fordert
Bundesregierung auf, ein Anwendungsverbot für die lebensgefährliche
neue Chemikalie in Autoklimaanlagen auszusprechen - DUH fordert
deutsche Automobilindustrie auf, "ausnahmsweise einmal Wort zu
halten" und ab 2011 das ungiftige natürliche Kältemittel CO2
einzusetzen

Der bereits für das kommende Jahr geplante Einsatz des neuen
Kältemittels Tetrafluorpropen (Handelsname 1234yf) in Klimaanlagen
neuer Fahrzeugtypen erweist sich immer mehr als "Russisches
Roulette-Spiel der deutschen Autoindustrie mit der Gesundheit von
Autoinsassen und Unfallhelfern." Das erklärte die Deutsche
Umwelthilfe e.V. (DUH) unter Verweis auf ein heute veröffentlichtes
Gutachten des Umweltbundesamtes (UBA), mit dem die Umweltbehörde
frühere Messungen der DUH überprüfen ließ. Die dem
Bundesumweltministerium nachgeordnete Umweltbehörde und die
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) hatten in
mehreren realitätsnahen Labortests die Brennbarkeit von 1234yf und
insbesondere die Bildung hochgiftiger Flusssäure (HF) untersucht.
Laut einem zentralen Ergebnis der Studie "überschritten die
ermittelten Werte von Flusssäure den auch von der Automobilindustrie
als Maßstab gewählten Wert für die menschliche Gesundheit (AEGL Acute
Exposure Guideline Levels, Richtwerte für die akute Exposition,
veröffentlicht durch US-National Research Council und National
Academy of Science 2-Wert von 95 ppm für eine Expositionszeit von 10
min)." Und weiter: "Eine Überschreitung des AEGL 2-Wertes führt zu
irreversiblen Schäden für die menschliche Gesundheit. Auch bei
Untersuchungen in einem Fahrzeug wurde dieser Wert deutlich
überschritten." Die Ergebnisse der neuen BAM-Untersuchung bestätigen
die von der DUH bereits im Jahr 2008 veröffentlichten
lebensbedrohenden Wirkung dieser Chemikalie bei einem simulierten
Pkw-Unfall.

"Eine Klimaanlage, die millionenfach in Pkw eingebaut ist, darf im
leider nicht unwahrscheinlichen Fall eines Fahrzeugbrandes nicht über
Leben und Tod von Autoinsassen und Helfern entscheiden können. Die
nun bestätigte Entstehung akut lebensbedrohlicher Konzentrationen an
Flusssäure ist ein klares K.O. - Kriterium für den Einsatz als
Kältemittel in Pkw", erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch
und fordert die Bundesregierung auf, ein Anwendungsverbot der
Chemikalie 1234yf für den Einsatz als Kältemittel in Autoklimaanlagen
zu verfügen. "Wenn die Automobilindustrie angesichts der
beängstigenden Untersuchungsergebnisse nicht selbst zur Vernunft
kommt, müssen Bundesregierung und EU-Kommission reagieren. Dies fällt
umso leichter, als mit dem natürlichen Kältemittel CO2 eine
unproblematische Alternative zur Verfügung steht".

Die aktuelle BAM-Studie im Auftrag des UBA bescheinigt der
Chemikalie Tetrafluorpropen außerdem ein unberechenbares und
unvorhersehbares Entzündungsverhalten, wenn es im Motorraum zu
Funkenbildung kommt. Außerdem können hohe Flusssäurekonzentrationen
bei Temperaturen von über 350 Grad Celsius schon auftreten, bevor
sich die Chemikalie entzündet - etwa wenn im Fall eines Lecks in der
Klimaanlage 1234yf mit den heißen Metalloberflächen des Abgaskrümmers
oder Katalysators in Berührung kommt.

Die Projektleiterin Fahrzeugkühlung der DUH, Eva Lauer, wies
darauf hin, dass nach Unfällen, bei denen beteiligte Fahrzeuge in
Brand geraten auch für das Rettungspersonal Vergiftungsrisiken
bestünden. Im Sicherheitsdatenblatt des Kältemittelherstellers
Honeywell für 1234yf werde ausdrücklich ein umgebungsluftunabhängiges
Atemschutzgerät und ein Chemieschutzanzug vorgeschrieben. Der Bereich
sei im Brandfall zu evakuieren. Wegen Explosionsgefahr müsse das
Feuer zudem aus der Ferne bekämpft werden. Eva Lauer: "Mit besonderer
Schutzausrüstung ist keine normale Feuerwehr ausgestattet. Hier wird
nicht nur mit der Gesundheit der Autoinsassen gespielt, auch die
Rettungskräfte atmen unter Umständen ätzende und giftige
Flusssäuredämpfe ein, ohne es zu wissen."

Bereits in fünf Monaten sollen die ersten Pkw mit dem neuen
Kältemittel 1234yf befüllt werden. Die DUH, das Umweltbundesamt und
auch das Bundesumweltministerium favorisieren CO2 als natürliches und
unproblematisches Kältemittel in Autoklimaanlagen. Im Herbst 2007
hatte der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA),
Matthias Wissmann, sein Wort gegeben, dass die deutsche
Automobilindustrie ab 2011 ausschließlich auf das natürliche und
ungefährliche Kältemittel CO2 setzen und alle Arbeiten an 'chemischen
Alternativen' einstellen werde. So wie auch viele weitere
Umweltzusagen brach die Automobilindustrie ihr Wort, stoppte trotz
Zusagen die Entwicklungsarbeiten an der CO2 Technik und entwickelte
gemeinsam mit den beiden Chemiemultis DuPont und Honeywell an der für
die Autobauer kostengünstigeren chemischen Variante weiter. In einem
informellen Pressehintergrundgespräch bestätigte der VDA in diesem
Sommer gegenüber ausgewählten Fachjournalisten seinen Wortbruch und
bagatellisierte die mit der Verwendung der Chemikalie 1234yf
verbundenen Gefahren mit nun erwiesenen falschen Fakten
(HF-Konzentration nie über 50 ppm) und daraus abgeleiteten
Wahrscheinlichkeitsberechnungen (Wahrscheinlichkeit einer
Gesundheitsgefahr so unwahrscheinlich wie ein '6er im Lotto mit
Zusatzzahl'). Tatsache ist, dass es jährlich zu tausenden von
Fahrzeugbränden kommt, bei denen es zu Situationen wie die von der
DUH in einem Film dokumentierten Bränden kommen kann.

Hintergrund

In Europa ist ab Januar 2011 die Verwendung des bisherigen
Kältemittels R134a in Autoklimaanlagen neuer Fahrzeugtypen verboten.
Das Kältemittel R134a zählt zu den im Kyoto-Protokoll aufgeführten
Treibhausgasen, die reduziert werden müssen. Das Europäische
Parlament hat einen Ausstiegsplan dafür festgelegt, wörtlich heißt
es: "Nach dem 01. Januar 2011 dürfen keine neuen EG-Typgenehmigungen
für Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge erteilt werden, wenn
die im Fahrzeug enthaltene Klimaanlage darauf ausgelegt ist,
fluorierte Treibhausgase mit einem GWP-Wert über 150 zu enthalten."
Unter http://www.duh.de/klimaanlage_film.html dokumentieren zwei
Brandtests, dass das chemische Kältemittel 1234yf eine
hochentzündliche und im Brandfall toxisch wirkende Chemikalie ist.
Untersuchungen der DUH und der Bundesanstalt für Materialforschung
und -prüfung (BAM) sowie des Umweltbundesamtes hatten die negativen
Folgen bei einem Autounfall für Fahrer und Rettungspersonal
aufgezeigt.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Mobil: 0171 3649170, resch@duh.de

Eva Lauer, Projektleiterin Fahrzeugkühlung, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 030 2400867 -76, lauer@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Tel.: 030 2400867 -21, Mobil: 0171 5660577,
rosenkranz@duh.de


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