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BERLINER MORGENPOST: Kommentar zur Schuldfrage bei der Love-Parade-Katastrophe

Geschrieben am 25-07-2010

Berlin (ots) - Die Loveparade feierte die Leichtigkeit des Seins.
Ein Festival jugendlicher Lebensfreude, gegen niemanden gerichtet,
ohne hehres Ziel oder ideologischen Überbau, friedlicher als manches
Fußballspiel. Es endete mit Toten und Verletzten. Ausgerechnet diese
harmlose Massenparty forderte mehr Opfer, als Terroranschläge oder
die vielen gewalttätigen Demonstrationen, die dieses Land schon
erlebt hat. Es bleiben nur Fassungslosigkeit, Trauer und Mitgefühl
mit den Opfern und ihren Angehörigen. Die Entscheidung der
Veranstalter, dass es nie mehr eine Loveparade geben soll, ist die
einzig richtige. Hätte man durch bessere Organisation und
umsichtigere Vorbereitung die Katastrophe verhindern können? Nachher
ist man immer klüger. Und jetzt einen eindeutig Schuldigen zu haben,
wäre einfacher, als sich mit einer zufälligen Verkettung unheilvoller
Ereignisse abzufinden. In der Rückschau auf die Berliner Love-Parade,
war die Nähe zum Tiergarten wohl ein lebensrettendes
Sicherheitsventil. Wegen des vielen Mülls, der im Park zurückblieb,
wurde sie immer wieder heftig kritisiert. Doch durch die Rasenflächen
des Tiergartens hätte eine tödliche Kesselsituation wie in Duisburg
kaum entstehen können. Aber auch dies gehört zu den
Danach-Erkenntnissen, die nun niemandem mehr helfen. Panik ist nicht
vorhersehbar und berechenbar. Sie ist ein durch und durch
irrationales massenpsychologisches Phänomen. Das sich - wie in diesem
Fall - in Windeseile ausbreiten kann, auch ohne dass Feuer oder eine
andere Gefahr droht, vor der alle fliehen wollen. Die nackte Angst,
ausgelöst durch die drängende Menschenmasse. Der Duisburger
Oberbürgermeister Adolf Sauerland appelliert zu Recht, keine
voreiligen Schuldzuweisungen zu treffen. Doch seine Behörden und die
Organisatoren werden sich vielen unbequemen Fragen stellen müssen.
War das Gelände für die über eine Million Menschen zu klein? War es
unverantwortlich, den Zugang durch einen einspurigen Tunnel zu
leiten? Stimmt es, dass Besucher, die auf eine Autobahnböschung
ausweichen wollten, von der Polizei in den Tunnel zurückgeschickt
wurden? Im Internet kursieren begründete Warnungen, die schon vor
Wochen auf den Leserkommentarseiten nordrhein-westfälischer Medien
erschienen sind. Da sagten Leser, die offenbar mit den örtlichen
Gegebenheiten vertraut sind, eine Katastrophe voraus. "Ich sehe schon
Tote", schrieb einer. Man kann einwenden, dass vermutlich vor allen
Großereignissen irgendjemand den Teufel an die Wand malt. Die
Genauigkeit, mit der das eingetretene Chaos vorausgesagt wurde, macht
jedoch nachdenklich. Man sollte den Ermittlungsbehörden die nötige
Zeit für die Aufklärung zugestehen. Kurz nach solchen schrecklichen
Ereignissen kursieren stets Mutmaßungen und Gerüchte. Und oft stellt
sich später heraus, dass alles ganz anders war, als es der erste
Anschein nahe legte. Die schnellen Richter sind nicht die besten.

Originaltext: BERLINER MORGENPOST
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
CvD Matthias Heine
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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