(Registrieren)

WAZ: Die verpasste Chance der CDU - Wie stabil wird Krafts Regierung? - Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 20-06-2010

Essen (ots) - An Jürgen Rüttgers Einordnung der neuen Düsseldorfer
Verhältnisse ist mehr falsch als richtig; abgesehen davon, dass es
Hannelore Kraft auch mehr oder weniger gleichgültig sein kann, was
ihr demnächstiger Amtsvorgänger so sagt. Rüttgers zornige Kommentare
zielen eher nach innen als nach außen, wollen eher von eigenen
Fehlern ablenken und ein Comeback vorbereiten. Auf den Punkt bringt
es die konservative Welt am Sonntag: "Rüttgers hat die CDU um die
Macht gebracht." Rüttgers beklagt die Instabilität einer
Minderheitsregierung. Der Ausweg wäre in der Tat eine Große Koalition
gewesen, nur eben nicht unter seiner Führung. Rüttgers größter
Fehler: Er verhandelte als Verlierer aus der Sieger-Perspektive. Am
Ende spielte Kraft, weniger von SPD-Chef Gabriel, mehr von den Grünen
unter Druck gesetzt, ihren Vorteil aus, mehr Optionen zu haben als
der Amtsinhaber. Inzwischen räumt die CDU-Führung offen ein, in der
Sondierung mit der SPD nicht mit offenen Karten gespielt zu haben.
Was soll denn dann das Gekeife? Aus Krafts Machtperspektive zählen
nur SPD, Grüne und die Bundes-SPD. Und da gibt es keine Abweichler,
nicht einmal kritische Kommentare zu ihrem Kurs. Schon dieser Umstand
unterscheidet Kraft von Hessens Ypsilanti. Ein anderer kommt hinzu:
Ypsilanti war auf alle Linksparteiler angewiesen, Kraft ist es nicht.
Sie bringt mit den Grünen Gesetze durch, wenn die Linke nicht mit CDU
und FDP dagegen stimmt. Es ist sogar schon ausgerechnet worden, dass
Kraft selbst einen Haushalt durchbringen könnte, wenn neun der elf
Linken dagegen stimmten und zwei sich enthielten. Sicher wäre eine
klare Mehrheit besser, aber die Wähler haben sich nun einmal für ein
Fünf-Parteien-System entschieden. Solange darin FDP und Grüne nicht
zueinander finden, bleiben nur Große Koalition oder
Minderheitsregierung, geführt entweder schwarz oder rot. Grüne und
FDP müssen zueinander toleranter werden. Aber auch die SPD müsste
sich bewegen, um sozialliberal wieder möglich zu machen: nämlich die
Agendapolitik weiterdenken. Derzeit ist sie aber genau andersherum
unterwegs. Beispiel Studiengebühren. Es wäre schon einen Streit wert,
ob Studiengebühren sozial gerechter sind als keine Studiengebühren.
Jetzt werden sie abgeschafft. Den Unis fehlen viele Millionen Euro.
Und Bildung ist doch das Wichtigste, sagen alle. Sollten, aus
Solidarität, nicht jene, die später einmal mehr verdienen, auch mehr
zahlen - von wegen "starke Schultern"? Vielleicht lässt sich, wenn
die Phase des Taktierens alsbald an ihr Ende gelangt, wieder richtig
streiten über Politik.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

275049

weitere Artikel:
  • Neues Deutschland: zur Regierungsfähigkeit der designierten NRW-Ministerpräsidentin Kraft Berlin (ots) - Rüttgers muss weg - das war gemeinsames Wahlziel von SPD, Grünen und LINKER. Rüttgers ist weg: Er darf weder als Ministerpräsident kandidieren noch Oppositionsführer werden. Auch als Landeschef und Bundes-Vize der CDU wird er sich nicht lange halten können. Vorbei ist die Karriere des Mannes, der einst vielen als heißer Anwärter auf den Posten des Bundeskanzlers galt. Gut so! Doch der Jubel hält sich in Grenzen. Denn leichte Zeiten stehen Rüttgers Nachfolgerin nicht bevor. Die designierte NRW-Ministerpräsidentin mehr...

  • Märkische Oderzeitung: Die Märkische Oderzeitung (Frankfurt/Oder) kommentiert in ihrer Montagsausgabe, 21. Juni 2010, das israelische Einreiseverbot in den Gazastreifen für Entwicklungshilfeminister N Frankfurt/Oder (ots) - Noch vor Tagen schien es, als wolle sich Ministerpräsident Netanjahu dem internationalen Druck beugen und die Blockade des Gaza-Streifens lockern, damit mehr humanitäre Hilfe die Palästinenser erreichen kann. Der diplomatische Affront um den deutschen Minister macht jedoch deutlich, wie wenig ernst es ihm damit ist. Bei aller gebotenen Staatsräson: Es ist an der Zeit, dass Deutschland und seine Verbündeten nicht mehr nur schweigen, wenn Israel sich nicht an internationale Konventionen hält, sondern mehr...

  • Märkische Oderzeitung: Die Märkische Oderzeitung (Frankfurt/Oder) kommentiert in ihrer Montagsausgabe, 21. Juni 2010, die mögliche Aufwertung der chinesischen Währung Yuan: Frankfurt/Oder (ots) - Es waren insbesondere die USA, die Peking immer wieder aufgefordert haben, realistischere Wechselkurse zuzulassen. Bislang vergebens. Der Export ist der Wachstumsmotor der chinesischen Wirtschaft - und Wachstum um beinahe jeden Preis ist für die KP-Führung der Schlüssel zur Lösung der Entwicklungsprobleme des Landes. Nun signalisiert die chinesische Zentralbank in allerdings noch etwas unklaren Worten eine Lockerung des bisherigen Kurses. Ganz offensichtlich will man beim G20-Gipfel am kommenden Wochenende mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Rüttgers zieht sich aus der Landespolitik zurück Neuer Kurs PETER JANSEN, DÜSSELDORF Bielefeld (ots) - Der Rückzug von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) war zu erwarten. Eine Niederlage gegen seine Herausforderin Hannelore Kraft wollte er sich nicht antun. Eine Rückkehr in die Rolle des Oppositionsführers kam für ihn, der so gern den Landesvater gab, ebenso wenig in Frage. Jetzt leitet er seinen Abschied aus der Landespolitik ein. Die Rückkehr an die Macht in Düsseldorf ist verbaut. Sollte es zu Neuwahlen kommen, wird die CDU mit einer neuen Nr. 1 antreten. Auch wenn Rüttgers vorerst CDU-Landesvorsitzender mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Wirtschaft im Aufwind Vorausschauend handeln CARSTEN HEIL Bielefeld (ots) - Die Automobilindustrie ist samt Zulieferern die wichtigste Branche in Deutschland. Geht es ihr gut, kann die gesamte Wirtschaft auf glänzende Geschäfte hoffen. Deshalb ist es zunächst eine erstklassige Nachricht, dass die Hersteller der Nobelmarken mit der Produktion kaum nachkommen. Aber Vorsicht: Die Wachstumszyklen der Wirtschaft werden immer kürzer. Die Automanager müssen sich mit den guten Zahlen der Gegenwart und nahen Zukunft auf neue schlechte Zeiten vorbereiten. Damit sie beim nächsten Abschwung nicht mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht