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Stickstoffdioxid in Niedersachen: "Kettensägen¬minister Sander" verstößt erneut gegen EU-Recht

Geschrieben am 04-06-2010

Berlin (ots) - Pressemitteilung

Städte mit hohen NO2-Belastungen sollen nach Auffassung von
Minister Sander bei der EU einen Aufschub für die Einhaltung der
Luftreinhalte-Grenzwerte bis 2015 beantragen, anstatt Umweltzonen
einzurichten - Deutsche Umwelthilfe erwartet EU-Verfahren wegen
vorsätzlichen Verstoßes gegen EU-Recht - Gleichzeitig hintertreibt
FDP-Umweltminister Sander Umweltzonen bei der Umweltministerkonferenz
von Bund und Ländern - Deutsche Umwelthilfe: Umweltzonen derzeit
wirksamstes Instrument gegen Feinstaub und Stickstoffdioxid

Mit einem "umweltpolitischen Amoklauf" versucht der
niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) die
Einrichtung weiterer Umweltzonen in Niedersachsen zu verhindern und
die Einhaltung der seit diesem Jahr verschärften
Luftreinhaltevorschriften für Stickstoffdioxid und Rußpartikel auf
das Jahr 2015 zu verschieben. Hintergrund sind erhebliche
Überschreitungen des seit diesem Jahr geltenden Jahresmittelwerts von
40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft für gesundheitsschädliches NO2 in
den niedersächsischen Städten Hannover, Burgdorf, Braunschweig,
Hameln, Hildesheim, Osnabrück, Göttingen und im Landkreis Osterode.
Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) hingewiesen.

Um den Städten Strafzahlungen wegen Untätigkeit zu ersparen, die
die EU bei Nichteinhaltung der Grenzwerte verhängt, bietet das
Sander-Ministerium den in den Kommunen Verantwortlichen einen
speziellen Nachhilfeunterricht an: Die betroffenen Städte sollen
darin unterwiesen werden, wie und mit welchen Begründungen bei der EU
Fristverlängerungen beantragt werden können. "Wir erleben den
nächsten Rechtsverstoß des niedersächsischen Kettensägenministers,
der seit seinem Antritt konsequent gegen seinen Amtsauftrag handelt.
Oder kurz gesagt: Sander hat ein Herz für Dieselstinker", sagte DUH
Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Hans-Heinrich Sander sorge sich
nicht um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in den hoch
belasteten Ballungszentren Niedersachsens. Vielmehr gelte seine Sorge
der Frage, wie die überhöhten NO2- und Rußpartikel-Belastungen noch
einige Jahre aufrecht erhalten werden können, ohne dass die
betroffenen Städte mit EU-Regeln in Konflikt geraten und
Strafzahlungen von bis zu einer Million Euro pro Tag drohen.

Umweltzonen sind nach Überzeugung der DUH das derzeit wirksamste
Instrument sowohl gegen Dieselruß wie auch gegen das zweite
gesundheitsschädliche Abgas vornehmlich von ungereinigten
Dieselmotoren: Stickstoffdioxid. In bundesweit über 40 Umweltzonen
wird durch Maßnahmenpakete insbesondere für den Verkehrsbereich
wirksam gegen diese beiden gesundheitsschädlichen Abgase vorgegangen.
Ein wichtiges Element dabei ist die vorzeitige Stilllegung oder die
Nachrüstung alter Diesel-Pkw und Nutzfahrzeuge mit Partikelfiltern.
Die DUH erinnert daran, dass die Bundesregierung seit dem 1. Juni
diesen Jahres Filternachrüstungen mit 330 EUR Barzuschuss fördert.
Anstatt seine Bürger aufzufordern das Angebot zu nutzen und alte
Dieselstinker nachzurüsten, kämpft Sander seinen eigenen Kampf für
das Recht auf Luftverpestung.

Die seit dem 1. Januar 2010 EU-weit geltenden Luftreinhaltenormen
sind auch für Niedersachsen verbindlich. Städte mit zu hohen
NO2-Werten müssen "geeignete Maßnahmen" ergreifen, dass die
Grenzwerte eingehalten werden. Das Beispiel der Bundeshauptstadt
Berlin zeigt, dass eine konsequente Ausgestaltung der
Umweltzonenregelung geeignet ist, zu einer deutlichen Verbesserung zu
kommen. Wenn nur noch Fahrzeuge mit der grünen Plakette eine
Zufahrtsberechtigung haben, sind automatisch alle Dieselfahrzeuge der
Schadstoffklassen Euro 2 und älter - und damit die besonders
schmutzigen - aus der jeweiligen Innenstadt verbannt. Hinzu kommt,
dass die bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen bei der Nachrüstung
eingesetzten Partikelfiltersysteme neben dem Dieselruß die
Stickstoffoxidemissionen um durchschnittlich 30 % mindern.

Nach Informationen der DUH wird sich die EU noch in diesem Jahr
mit der Verweigerungshaltung von Niedersachsen bei der Einhaltung von
Luftreinhaltevorschriften befassen. Nach Gesprächen in Brüssel geht
die DUH davon aus, dass sich die EU die fortgesetzte Hintertreibung
der Luftreinhaltepolitik durch Niedersachsen nicht gefallen lässt. So
lehnt beispielsweise die niedersächsische Stadt Braunschweig in ihrem
Luftreinhalteplan die Nachrüstung ausdrücklich als "nicht adäquates
Instrument zur Schadstoffreduktion" ab und begründet dies mit einer
inhaltlich falschen Behauptung: "Jegliche Nachrüstung von
Partikelfiltern wird zum jetzigen Zeitpunkt nicht befürwortet, da die
erforderlichen Prüfrichtlinien des Umweltbundesamts fehlen und keine
Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) vom TÜV erteilt wird", heißt es in
dem Luftreinhalteplan. Stattdessen empfiehlt die Stadt eine
Nassreinigung feinstaubbelasteter Flächen.

Resch erinnerte daran, dass das Verwaltungsgericht im April 2009
die Berechtigung und Wirksamkeit der Umweltzone in der
Landeshauptstadt Hannover klar bejaht hatte. Die Richter wiesen
seinerzeit Klagen gegen die Umweltzone zurück und bestätigten
ausdrücklich, dass Umweltzonen die verkehrsbedingte Feinstaub- und
Stickoxidbelastung reduzieren. Eine schallende Ohrfeige erhielt
Sander erneut von demselben Verwaltungsgericht, als er im Januar 2010
mit Unterstützung des Verbands der Automobilindustrie (VDA) die
Verschärfung der Umweltzonenregelung auf die grüne Plakette aufhob.
Binnen weniger Wochen erklärte dasselbe Verwaltungsgericht diese
Entscheidung für rechtswidrig und zwang Sander, seine Entscheidung
zurückzunehmen.

Dennoch starte das Land Niedersachsen unter Federführung Sanders
einen erneuten Versuch, Fahrverbote für Dieselstinker und die
Wirksamkeit von Umweltzonen generell in Frage zu stellen. Anlässlich
der bevorstehenden Umweltministerkonferenz (UMK) von Bund und
Ländern, die vom 9. bis 11. Juni in Bad Schandau tagt, will Sander
auf einen Aufschub bei der Einhaltung des Jahresgrenzwertes von
Stickstoffdioxid bis zum Jahr 2020 hinwirken. Der Änderungsantrag war
allerdings bereits einmal in der UMK durchgefallen und wird nach
einer Umfrage der DUH bei den Ländern auch dieses Mal scheitern. Die
Mehrheit der Länderumweltminister ist der Überzeugung, dass
Umweltzonen in Deutschland ihre Wirksamkeit bereits bewiesen haben.
In Berlin aber auch in Köln, München und Stuttgart sind deutliche
Rückgänge der Feinstaub und NO2-Emissionen nachgewiesen.

Die DUH hat an diesem Mittwoch damit begonnen, die EU-Kommission
und das EU-Parlament in Brüssel detailliert über die Hintertreibung
der EU-Luftreinhaltepolitik zu informieren und somit sicherzustellen,
dass Ländern wie Niedersachsen, "in denen das Umweltministerium
offensichtlich von Anti-Ökologen und Auto-Lobbyisten gekapert ist,
keine Fristverlängerungen bei der Einhaltung von
Schadstoff-Grenzwerten gewährt werden", sagte Resch. Die
entsprechende Richtlinie erlaube solche Ausnahmen nur dann, wenn
zuvor der Nachweis erbracht wurde, dass die für die Luftreinhaltung
zuständigen Länder bzw. Kommunen bereits alles ihnen Zumutbare
unternommen haben, um die gesetzlich festgelegten Grenzwerte
einzuhalten. Kampagnen gegen Umweltzonen als gegenwärtig wirksamstes
Instrument zur Einhaltung von Grenzwerten gehörten sicher nicht dazu.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Mobil.: 0171 3649170, resch@duh.de

Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin Tel.: 030 2400867-0, Mobil.: 0171 5660577, rosenkranz@duh.de


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