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WAZ: Die Briten haben Reformen gewählt - Ein Patt mit vielen Chancen. Kommentar von Jasmin Fischer

Geschrieben am 07-05-2010

Essen (ots) - Es waren Szenen der Verzweiflung, die sich in der
von 13 Regierungsjahren ausgelaugten Labour-Partei abspielten. An
Elan und Ideen hat es den Sozialdemokraten gemangelt. Kaum ein Moment
hat die Erschöpfung der Regierung so bloßgestellt, wie die Empfehlung
von Labour-Ministern an Partei-Dissidenten, doch wenigstens die
Liberaldemokraten zu wählen, um die Konservativen zu verhindern.
Gordon Browns Schicksal hängt allein an der vagen Aussicht auf eine
Zweckehe mit den Liberalen.

Und doch: Wirkliche Lust auf Wechsel zwischen den Parteilagern
gibt es in Großbritannien nicht. So stehen 57 Prozent der
konservativen Wähler nicht hinter dem Tory-Programm, sondern wollten
Labour einen saftigen Denkzettel verpassen. Die Skepsis gegenüber den
modernisierten Konservativen hat sich nie verflüchtigt. Zu groß waren
in der Wirtschaftskrise die Bedenken, mit Parteichef David Cameron
einen unsozialen Wolf im Schafspelz zu wählen. Mehr noch: Es gab im
Grunde kein großes, konservatives Momentum. Gerade das hätten die
Tories aber zur absoluten Mehrheit gebraucht.

Es war der Hunger nach fundamentaler Veränderung, der diese Wahl
bestimmt hat. Nur so erklärt sich der kometenhafte Aufstieg des
liberalen Außenseiters Nick Clegg, der mit dem Versprechen, das
Wahlsystem fairer zu machen, für Furore sorgt. Dieses Drängen auf
tiefgreifende Reform wird die neue Regierung - egal wie sie aussieht
- nicht ignorieren können. Clegg mag bei dieser Wahl unerwartet
schlecht abgeschnitten haben; mit dem Impuls, den er durchs Land
schickt, sehen ihn viele indes als den eigentlichen Sieger. Die
Briten mag die Angst vor der eigenen Courage dazu bewegt haben, für
eine der zwei großen Parteien zu stimmen, doch die Sympathien bleiben
Clegg gewogen. Viele hoffen, dass er als Juniorpartner einer
Koalition sein Kernziel, ein faireres Wahlsystem für Großbritannien,
durchsetzt.

Dass die Insel in diesen Tagen ihre Coolness verliert, sie glaubt,
das Land würde mit dem Patt im Parlament ins Chaos stürzen, darf man
ruhig "very british", also mit einer Prise Amüsement, betrachten. Es
ist keine Zeit des Untergangs, sondern die der Chancen: Wenn der
Rauch sich über der Mutter aller Parlamente verzieht, wird der Weg
frei sein für Reformen in diesem altehrwürdigen, aber schlicht
überforderten System.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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