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"Panorama" - Wehrbeauftragter Robbe: Bundeswehr lässt verwundete Soldaten im Stich

Geschrieben am 15-04-2010

Hamburg (ots) - Bundeswehrsoldaten, die im Dienst verwundet
wurden, kämpfen oft jahrelang und häufig vergeblich um die
Anerkennung ihrer Wehrdienstbeschädigung. Das bezeichnet der noch
amtierende Wehrbeauftragte Reinhold Robbe im ARD-Politikmagazin
"Panorama" (Sendung: Donnerstag, 15. April, Das Erste) als einen
"Skandal". Betroffene Soldaten würden "im Stich gelassen". Das sei
"verheerend." Vor allem Soldaten mit "posttraumatischen
Belastungsstörungen" (PTBS) stünden mit ihren Erkrankungen oft allein
da.

Bis heute haben nach Auskunft des Wehrbeauftragten rund 600
Soldaten mit PTBS -Erkrankungen einen Antrag auf
Wehrdienstbeschädigung (WDB) eingereicht. Weniger als ein Drittel der
Anträge wurden anerkannt. Nach Angaben des
Bundesverteidigungsministeriums auf Anfrage von "Panorama" ist die
Zahl solcher Verfahren rasant gestiegen. Waren es 2009 erst 109
Verfahren, sind es derzeit schon 197. Zur Anerkennungsquote machte
das Ministerium bisher keine Angaben.

Typisch für diese Fälle sind nach "Panorama"-Recherchen eine lange
Verfahrensdauer und eine geringe Anerkennungsquote. Dabei spielen die
Voten externer, ziviler Gutachter offenbar eine erhebliche Rolle.
Eine solche Gutachterin aus Bremen etwa reduziert den
Beschädigungsgrad mit folgender Begründung, die "Panorama" vorliegt:
"Unter Beschuss zu stehen", könnte für einen Soldaten im
Auslandseinsatz "nicht als außergewöhnlich belastend angesehen
werden." Nach Auskunft des Verteidigungsministeriums sind für solche
gutachtlichen Stellungnahmen nur drei Bundeswehr-Mitarbeiter fest
eingeteilt, während insgesamt 22 Außengutachter für diese Aufgabe
eingesetzt werden.

Die Vergabe von Gutachten "an Sachverständige, die von
militärischer Materie offensichtlich keine Ahnung haben", kritisiert
der Wehrbeauftragte Robbe in "Panorama" massiv: "Hier muss
unterstellt werden, dass der Dienstherr, der einen Auftrag gibt, ein
bestimmtes Ergebnis haben will." Offenbar, so Robbe, stecke System
dahinter. Er müsse manchmal den Eindruck haben, dass in den
"Wehrdienstbeschädigungsverfahren immer erst einmal für den Staat
entschieden wird und gegen den betroffenen Patienten". Zu diesem
Vorwurf äußerte sich das Verteidigungsministerium bisher nicht.

Auch der ehemalige Leiter der Psychiatrie im Bundeswehrkrankenhaus
Bad Zwischenahn, Oberfeldarzt a.D. Dr. Klaus Pellnitz, bestätigt in
"Panorama" den Eindruck, es werde in den Gutachten gezielt nach
Gründen gesucht, um den Schädigungsgrad herabzusetzen: "Ich habe nie
erlebt, dass ein Grad der Schädigung heraufgesetzt wurde ... ich
habe immer häufiger erlebt in den letzten Jahren, dass der Grad der
Schädigung herabgesetzt wurde."

Ein weiteres Problem bei der Versorgung kranker Soldaten sind die
unterschiedlichen Zuständigkeiten. Nach Entlassung aus der Bundeswehr
sind die Versorgungsämter der Länder zuständig, doch die scheinen
überfordert zu sein. Manche Anträge von Soldaten werden monatelang
nicht bearbeitet. Ein ehemaliger Soldat aus Leipzig, Steven Ruhnke,
steht nach einem mittlerweile 15 Jahre dauernden Verfahren mittellos
da. Das Versorgungsamt hat ihn nun an das Sozialamt verwiesen. Jetzt
muss der ehemalige Bundeswehrsoldat Sozialhilfe beantragen. Um auf
diese Missstände aufmerksam zu machen, wird der Wehrbeauftragte Robbe
den Ex-Soldaten am Donnerstag (15. April) beim Gang zum Sozialamt
Leipzig begleiten.

Originaltext: NDR Norddeutscher Rundfunk
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6561
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6561.rss2

Pressekontakt:
NDR Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Telefon: 040 / 4156 - 2300
Fax: 040 / 4156 - 2199
presse@ndr.de
http://www.ndr.de


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