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Berliner Morgenpost: Obamas Nahost-Politik ist das eigentliche Problem

Geschrieben am 17-03-2010

Berlin (ots) - Man wird sich schnell darauf einigen können, dass
Israels Entscheidung, 1600 Wohneinheiten in Ostjerusalem zu bauen,
nicht nur schlecht getimt war, sondern überhaupt wenig hilfreich. Die
wütende, im Umgang mit Verbündeten geradezu unerhörte Reaktion aus
Washington ist aber nicht nur weit übertrieben. Sie verrät auch, wie
viel Frust sich in der Obama-Regierung angesammelt hat. Man möchte
nur zu gerne Israel verantwortlich machen für die mangelnden
Resultate der obamaschen Nahostpolitik. Dabei sind die Misserfolge
auch das Ergebnis gefährlich naiver Politik Washingtons.
Um den Nahost-Friedensprozess wieder flottzumachen, hatte Obama allen
Seiten etwas versprochen. In seiner Kairoer Rede hatte er sich für
einen israelischen Siedlungsstopp eingesetzt. Die Palästinenser
sollten an den Verhandlungstisch zurückkehren, und den Israelis
stellte man Gesten des guten Willens und der Annäherung vonseiten
arabischer Staaten in Aussicht. Unter erheblichem Druck hat Israel
dann einem neunmonatigen Moratorium beim Siedlungsbau im
Westjordanland zugestimmt. Das war nicht ganz so viel, wie Obama sich
erhofft hatte, aber weit mehr, als jeder israelische Regierungschef
vor Benjamin Netanjahu zu geben bereit war. Bekommen haben die
Israelis dafür so gut wie nichts. Die Palästinenser erklärten sich
nur zu "indirekten" Gesprächen bereit. Nachdem Obama den Mund sehr
voll genommen hatte mit der Forderung nach einem kompletten
Siedlungsstopp, konnte sich Palästinenserpräsident Mahmud Abbas eben
nicht ohne Gesichtsverlust nachgiebiger zeigen als die Amerikaner.
Die arabischen Staaten waren ihrerseits zu gar keiner Annäherung
bereit und haben nur ein altes Angebot erneuert. Warum sollten sie
sich aus dem Fenster lehnen, wenn Obama ihnen die israelischen
Konzessionen frei Haus liefert? Da ist es kein Wunder, wenn die
Israelis das Gefühl haben, dass ihre Zugeständnisse nur immer
Forderungen nach neuen Zugeständnissen nach sich ziehen - ohne dass
sie eine Gegenleistung bekommen.
Bei allen Fehlern, die Israel natürlich selbst gemacht hat, ist es
doch bezeichnend, dass die Wortwahl der US-Regierung gegenüber den
friedensfeindlichen Autokratien der Region weit freundlicher ist als
gegenüber dem demokratischen Verbündeten Israel. Aber weder beim Iran
noch bei Syrien sind die Amerikaner weitergekommen. Die Mullahs haben
sich bei der Atomfrage weiter verhärtet. Und auch die Entsendung
eines US-Botschafters als Zeichen der neuen Einbindungspolitik
gegenüber Syrien wurde nicht honoriert. Stattdessen organisierte
Baschar al-Assad in Damaskus ein öffentlichkeitswirksames Treffen mit
Irans Mahmud Ahmadinedschad und dem Chef der Hisbollah, um zu zeigen,
dass die nahöstliche Terror- und Ablehnungsfront weiter steht. Obama
hat also einen treuen Verbündeten in die Ecke gedrängt, ohne
irgendetwas voranzubringen. Inzwischen ist gar der Eindruck
entstanden, Washington sei ein Führungswechsel in Jerusalem wichtiger
als einer in Teheran oder Damaskus. Das ist die erschreckende Bilanz
von Obamas Nahostpolitik.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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