(Registrieren)

Westdeutsche Zeitung: Das Bundesverfassungsgericht und seine zahlreichen Rollen - Richter, Gesetzgeber und Bürger-Anwalt Von Peter Kurz =

Geschrieben am 02-03-2010

Düsseldorf (ots) - Der Gesetzgeber sitzt zwar in Berlin. Doch die
Entscheidungen fallen in Karlsruhe. Dass das Bundesverfassungsgericht
zunehmend die politischen Fäden zieht, ist verfassungsrechtlich
bedenklich. Und doch sollten wir froh darüber sein.

Scharf kommen die Kommandos vom Richtertisch. Hartz IV: neu
regeln. Vorratsdatenspeicherung: unzulässig. Der Bundestag muss
diesen Eingriff in die Rechte der Bürger neu regeln - in den
detailliert von den Richtern vorgegebenen Grenzen. Und als ob das
noch nicht genug wäre: Die Regierung wird recht unverblümt
angewiesen, sich auch auf europäischer Ebene für eine
Grundrechtsinterpretation nach Art der Richter einzusetzen. In dieser
demokratietheoretisch verkehrten Welt verwundert es kaum noch, dass
die Bundesjustizministerin die schallende Ohrfeige für den
Gesetzgeber auch noch in höchsten Tönen lobt.

Die Richter hängen sich weit aus dem Fenster, wenn sie den vom
Bürger gewählten Souverän so an die Kette legen. Doch die
Verschiebung der Gewichte kommt uns zugute. Haben wir doch in den
Karlsruher Richtern Anwälte, die uns vor weitgehenden Eingriffen in
unsere Privatsphäre schützen. Wer hier abwiegelt, es seien doch nur
Verbindungsdaten und nicht Inhalte, die da gespeichert werden,
blendet aus, dass schon diese Daten sehr viel über uns verraten. Über
unsere Vorlieben, unsere Kontakte, unsere Persönlichkeit. Im
Zeitalter mobiler Kommunikation können Bewegungsprofile erstellt
werden - wo haben wir uns wann aufgehalten? All dies, ohne dass wir
durch irgendein illegales Verhalten einen Anlass dafür gesetzt
hätten. Wie diese Daten, von deren Ausmaß und der möglichen
Verknüpfung mit anderen Informationen der Einzelne nichts erfährt,
vor Missbrauch geschützt werden, müsste jeden interessieren. Auch
denjenigen, der von sich behauptet, er habe doch nichts zu verbergen.

Ja, es stimmt, strengere Regeln werden die Strafverfolger
einschränken. Doch eben weil die Rekonstruktion von
Telefonverbindungen für polizeiliche Zwecke so wichtig sein kann, ist
Karlsruhe dem Gesetzgeber durchaus entgegen gekommen. Er darf die
Vorratsdatenspeicherung und damit den Eingriff in die Rechte aller
Bürger neu regeln. Aber bitteschön mit höheren
Sicherheitsvorkehrungen.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211 / 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

254665

weitere Artikel:
  • Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 3. März 2010 das Karlsruher Grundsatzurteil zur Vorratsdatenspeicherung: Bremen (ots) - Aufgabe statt Ohrfeige von Joerg Helge Wagner Wenn Verfassungsrichter die Politik der Bundesregierung korrigieren, bemüht die Opposition gerne das Bild von der "schallenden Ohrfeige". Schräg ist das schon deshalb, weil so ein als fortschrittlich begrüßtes Urteil mit antiquierten Erziehungsmethoden gleichgesetzt wird. In Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung ist es besonders unpassend, weil es um ein Gesetz der Vorgängerregierung geht, das von Juniorpartner der jetzigen Regierung nie mitgetragen worden ist. Haben die Richter mehr...

  • Ostthüringer Zeitung: Kommentar Ostthüringer Zeitung Gera Gera (ots) - Ostthüringer Zeitung Gera zu Vorratsspeicherung: Für das Parlament sind die Korrektururteile nicht gerade schmeichelhaft. Es sollte der ganze Stolz der Abgeordneten sein, Gesetze zu entwickeln, die wasserfest sind. Nun kommt es umso mehr darauf an, ein sauberes Werkstück zu liefern, sich nicht unter Zeitdruck zu setzen und die Sinnfrage ehrlich zu beantworten: Müssen die Daten der Kommunikation gespeichert werden? Geht's nicht ohne? Originaltext: Ostthüringer Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/74527 mehr...

  • Westfalenpost: Mit Beißhemmung Hagen (ots) - Das Urteil zur Datenspeicherung Von Winfried Dolderer Man kann sich mittlerweile darauf verlassen, auf diesen Masochismus der Berliner Politik: Immer, wenn ihnen das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz um die Ohren haut, brechen die dafür Verantwortlichen in reines Entzücken und Dankbarkeit aus. Gestern war dieses Phänomen besonders augenfällig bei der SPD, die es als "wesentliche Stärkung der Bürgerrechte" feiert, dass die Karlsruher Richter ein von einer SPD-Justizministerin fabriziertes Paragraphenwerk in die Tonne treten. mehr...

  • Neue Westfälische: Neue Westfälische Bielefeld: Verfassungsgericht kippt Vorratsdatenspeicherung Dankend abgelehnt JOHANN VOLLMER Bielefeld (ots) - Das Bundesverfassungsgericht hat den Machbarkeitsfantasien zur inneren Sicherheit einen Riegel vorgeschoben. Die Vorratsdatenspeicherung ist in der jetzigen Form verfassungswidrig. Zum wiederholten Male muss man den Eindruck gewinnen, dass die Bürgerrechte ihren Wohnsitz nach Karlsruhe verlegt haben. Im Berliner Innenministerium, wo sie auch zu Hause sein müssten, werden die Freiheitsrechte der Bürger seit Jahren beschnitten - egal ob die Minister Schily, Schäuble oder de Maizière hießen. Dort will man mit dem internationalen mehr...

  • Neue Westfälische: Neue Westfälische Bielefeld: Finanzkrise in Griechenland Wetten gegen Europa DETLEF FECHTNER, BRÜSSEL Bielefeld (ots) - Es gibt kaum jemand, der bestreitet, dass sich Griechenland die aktuelle Krise im Wesentlichen selbst eingebrockt hat. Geschönte Statistiken, spendable Politiker und die großzügige Duldung einer Kultur von Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung haben maßgeblichen Anteil am rasanten Wachstum des Schuldenbergs. Andererseits setzt sich zu Recht die Erkenntnis durch, dass Griechenland nicht nur Täter, sondern auch Opfer ist. Denn die manchmal verquere Logik der Finanzmärkte eröffnet Investoren ohne Gewissen - und davon soll mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht