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Westdeutsche Zeitung: Hartz-IV = von Martin Vogler

Geschrieben am 15-02-2010

Düsseldorf (ots) - Die wichtigste politische Aussage kam gestern
von der Kanzlerin. Erstmals zeigte sie sich bereit, eine
Generaldebatte über unseren Sozialstaat zu führen. Nachdem sie
bislang ihr Heil im Beschwichtigen und Beruhigen sah, ist das
wohltuend. Denn das Nachdenken darüber, wie es in einer Gesellschaft,
in der heute schon durchschnittlich pro Kopf 2500 Euro im Jahr an
Sozialleistungen fließen, weitergehen soll, ist nötig. Zweitrangig
ist dabei, ob Angela Merkel dank tieferer Einsicht zu dieser
Bereitschaft fand oder es ihr einfach zu ungemütlich wurde. Denn die
Forderungen an sie, die Beschimpfungen gegen ihren
Vize-Regierungschef Westerwelle - die bis zu Heiner Geißlers
unentschuldbarem "Esel" reichten - zu unterbinden, gewannen täglich
an Deutlichkeit.
Allerdings hat Westerwelle es ihr auch nicht leicht gemacht. Mit
Schlagworten wie Sozialismus und Dekadenz schoss er so scharf, wie er
es einst in der Opposition ungestraft tun durfte. Als Vizekanzler und
Außenminister hingegen, der sich ja durch besonderes diplomatisches
Geschick auszeichnen sollte, war das grenzwertig. Er bestärkte
nebenbei Kritiker, die den Liberalen vorwerfen, sie ließen sich mehr
von Partei- als von Koalitionszielen leiten.
Bemerkenswert allerdings: Als Westerwelle nicht zurücksteckte,
brachte ihm das zwar weiteren Gegenwind, sogar von seinem
FDP-Stellvertreter Andreas Pinkwart, ein. Andererseits wuchs trotz
Kritik am Stil die Zustimmung in der Sache. Ein typisches Beispiel
ist der CDU-Politiker Michael Fuchs, immerhin stellvertretender
Fraktionsvorsitzender, der sich wie viele von Westerwelles Wortwahl
distanzierte, aber ebenfalls deutlich vor einer Umverteilung zu
Lasten der Steuerzahler warnte.
Denn die Wirkung höherer Hartz-IV-Zahlungen ist - und diese Logik hat
nichts mit Diskriminierung zu tun - einfach und bedrohlich: Für noch
mehr Menschen als bisher würde sich Arbeit finanziell nicht mehr
lohnen, also stiege die Zahl der Hartz-IV-Empfänger weiter an. Die
deshalb weniger werdenden Berufstätigen müssten noch mehr
Leistungsempfänger unterstützen, was steigende Steuern bzw.
niedrigere Nettoeinkommen bedeutet. Die fatale Spirale würde sich
weiter drehen. Damit wäre auch keinem Hartz-IV-Empfänger geholfen.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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