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Berliner Morgenpost: Apokalypse im Land der verlorenen Hoffnung

Geschrieben am 14-01-2010

Berlin (ots) - Nun stehen wir wieder da, erschüttert, hilflos,
spendenbereit. Und stellen uns einmal mehr die Frage, warum so etwas
ausgerechnet dort passieren muss, wo es vielerorts ohnehin schon so
furchtbar elend zugeht, dass man eigentlich täglich eine Aktion
"Rettet Haiti" ins Leben rufen müsste, auch wenn die Erde gerade
nicht gebebt hat.
Tragödien, Tag für Tag, die man sich gar nicht vorzustellen vermag
hierzulande. Kinder, die verhungern, weinende Mütter, Väter.
Verzweiflung, die Menschen schlagen sich gegenseitig die Köpfe ein
fürs tägliche Brot. Schießereien, Plünderungen, schlichteste Gewalt,
das volle Programm der Hoffnungslosigkeit.
Wenn es in den vergangenen Jahren einen Ansatz von Ordnung gegeben
hat auf diesem Teil der einst von Columbus entdeckten Insel
Hispaniola, dann ist er den Blauhelmen zu verdanken, die dort Dienst
tun. Die eigenen Leute, die eigenen Politiker haben es nicht
hingekriegt, nicht die alten Diktatoren Marke "Papa Doc" Duvalier,
nicht die Helden der armen Leute wie Jean-Bertrand Aristide noch
dessen Nachfolger Rene Préval, der einem Land vorsteht, dessen
äußerer Zustand seit vorgestern früh seiner inneren Verfassung
gleicht.
Man muss kein Prophet sein, dass dieses Elend, diese Hilflosigkeit,
diese Verzweiflung noch auf Jahrzehnte das Bild Haitis prägen wird.
Auf die eigenen Beine kommt dieses Land zu Lebzeiten der Überlebenden
des Jahrhundertbebens nicht mehr. Die internationale Gemeinschaft,
die UN, Frankreich, der alte Kolonialherr, der sich nicht mehr ganz
so gern erinnert an seine Beziehungen in die Karibik, und natürlich
auch die USA, sie alle stehen wieder einmal in der Pflicht, auf
Dauer, keine Frage.
Die postwendende Ankündigung Präsident Obamas, Haiti massiv zu
helfen, hat ebenso postwendend wie absehbar die Mahner und Warner auf
den Plan gerufen, die vor möglichem imperialem Gehabe der USA warnen.
Aber in Wahrheit ist die Hilfe der Amerikaner, der unangefochtenen
Hegemonialmacht der Region, in dieser apokalyptischen Situation
alternativlos. Alles andere wäre menschenverachtend,
menschenunwürdig, unverantwortbar.
Und wir, hier bei uns? Wenn der Eindruck nicht täuscht, hat das
Aufeinandertreffen von Naturkatastrophe und erbärmlicher Armut auf
Haiti in Deutschland großes Mitleid und in der Folge eine ebenso
große Hilfsbereitschaft ausgelöst. Diese Fähigkeit zu Empathie, zu
echtem Mitgefühl mit Menschen, die in weit entfernten Gegenden leiden
müssen, ist in den vergangenen Jahren ein Markenzeichen unserer
Gesellschaft geworden.
Das mag zum einen zusammenhängen mit unseren eigenen Erfahrungen, mit
der Not und den Trümmern unserer Geschichte. Es ist zum anderen aber
auch Ausdruck eines gewachsenen Verantwortungsgefühls der Deutschen,
das über unsere Grenzen hinausreicht. Wir haben, vielleicht ein wenig
zögerlich, gelernt, dass das Elend in anderen Regionen des Erdballs
am Ende eben auch uns etwas angeht und, wenn es schlecht kommt, auch
auf uns zurückfällt.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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