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Berliner Morgenpost: Bundesregierung erkauft sich ihren ersten Erfolg - Leitartikel

Geschrieben am 18-12-2009

Berlin (ots) - Sie hatten gar keine Wahl. Nur um den Preis für
ihre Zustimmung konnten sie pokern. Hätten die schwarz-gelb regierten
Länder der schwarz-gelben Bundesregierung gleich deren erstes großes
Gesetzesvorhaben torpediert, hätten Angela Merkel und Guido
Westerwelle alle Hoffnung begraben können, irgendwann doch noch in
Fahrt zu kommen. Also stimmten Carstensen, Wulff und Co. letztlich
wie zu erwarten im Bundesrat dem Gesetz zur Beschleunigung des
Wirtschaftswachstums zu. Doch bevor die Wirtschaft wächst, wachsen
erst einmal die Schulden des Bundes sowie in den Ländern und
Kommunen. Zu den Steuerausfällen durch das heftig umstrittene neue
Gesetz kommen die Kompensationszahlungen der Bundesregierung, die per
Pump beglichen werden. Solide Finanzpolitik - zumal mit einer
geplanten Rekord-Neuverschuldung in Höhe von 100 Milliarden Euro im
Bundeshaushalt 2010 - ist das gewiss nicht. Doch was ist
finanzpolitisch schon solide in Zeiten der größten Finanz- und
Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten? Deutschland hat sie dank
großzügigster Hilfszahlungen für Konjunkturprogramme, zur
Stabilisierung des Arbeitsmarkts und für Kaufanreize für die
Verbraucher bislang ohne entscheidende wirtschaftliche und
gesellschaftliche Verwerfungen durchgestanden. Das alles war zum
Nulltarif nicht zu erreichen. Jetzt kommt es in der Tat darauf an,
die mittlerweile leicht belebte Konjunktur weiter zu kräftigen. Schon
jetzt den großen Sparsack aufzumachen, würde ersticken, was gerade
erwacht. Insofern weist das gestern endgültig verabschiedete Gesetz
in die richtige Richtung: Erleichterung erstens für die, die als
Unternehmer - insbesondere des Mittelstandes - für neue Arbeitsplätze
und mehr Steuereinnahmen sorgen sollen, und zweitens für Familien,
die mit Kindern und mittlerem Einkommen besonders unter der
Steuerprogression leiden. Der von der Regierung erwartete Erfolg ist
keineswegs gesichert. Aber wer nichts riskiert, wer nicht den Mut
hat, Politik nach seinen Vorstellungen zu gestalten, hat schon
verloren, kaum dass er wie das Duo Merkel/Westerwelle im Amt ist.
Die Koalition stünde allerdings glaubwürdiger da, hätte der Dritte im
Bunde, die bislang schlechteste Möchtegern-Strauß-Kopie namens
Seehofer nicht auf der lächerlichen Subventionierung von
Hotelübernachtungen beharrt. Die Klagen der Länder, die immerhin
erhört wurden, mehr noch die der Kommunen sind verständlich. Aber
fortan alle Finanzprobleme allein auf das neue Gesetz abzuschieben,
ist allzu bequem. Trotz allen Wehgeschreis wird in manchen Ländern
und Gemeinden noch immer so gehandelt, als spiele Geld keine Rolle.
Berlin bricht mal eben ein Gesetz, um Hartz-IV-Empfängern Umzüge in
billigere Wohnungen zu ersparen, in Rheinland-Pfalz schaufelt die
Landesregierung mit an einem Millionen-Grab für einen Erlebnispark am
Nürburgring, oder gegen Bonns ehemalige Oberbürgermeisterin wird
strafrechtlich ermittelt wegen allzu großzügiger
Bürgschaftsübernahmen für den Pleite-Bau "World Conference-Center
Bonn".

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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