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Berliner Morgenpost: SPD pur in Brandenburg, aber der Makel bleibt - Leitartikel

Geschrieben am 28-10-2009

Berlin (ots) - Was heißt hier eigentlich Rot-Rot? Im Grunde
regieren in Brandenburg die Sozialdemokraten im Alleingang.
Inhaltlich betrachtet allemal. Als umworbener Partner hat sich
Platzecks SPD auf der ganzen Linie durchgesetzt. Die Bedenkzeit, die
sich der linke Partner gestern ausbat, unterstreicht diesen Umstand
nur. Die Union wollte in Potsdam weiter mitregieren, die linke
Konkurrenz dagegen wollte endlich an die Macht. Beide waren bereit,
dafür einen hohen Preis zu zahlen. Die SPD entschied sich
überraschend für die Linke - und ließ ihr erwartungsgemäß nur wenig
Spielraum für eigene Ideen. Das Ergebnis ist ein Regierungsvertrag,
der auch die Überschrift "SPD-Wahlprogramm" tragen könnte.
Sicher, hier und da hat die Linkspartei einen Punkt setzen können.
Bei den 8000 Stellen in einem öffentlich geförderten Arbeitsmarkt zum
Beispiel, den es auch unter Rot-Rot in Berlin bereits gibt. Oder bei
den zusätzlichen Kita-Erziehern. Vieles war auch von Anfang an
ohnehin unstrittig unter den beiden sehr ähnlich gestrickten Partnern
- wie der Verzicht auf Studiengebühren. Dort aber, wo sich die
Vorstellungen beider Parteien nicht deckten, musste die Linke
nachgeben: Auch wenn neue Lehrer, Erzieher und Polizisten eingestellt
werden - im Landesdienst wird bis 2019 jede fünfte Stelle gestrichen.
Brandenburg setzt weiterhin auf die ungeliebte Braunkohle. Wie in
Berlin zeigt die Linke sich äußerst flexibel. Ob der Wähler ihr das
lohnt, wird sich erst zeigen. Alle, die befürchten, Rot-Rot werde das
Land komplett umwälzen, können beruhigt sein: Der Koalitionsvertrag
liest sich nicht wie ein revolutionäres Machwerk. Statt auf
Experimente setzen SPD und Linke auf ein bewährtes Regierungsprogramm
mit einigen zusätzlichen sozialen Akzenten. So wird die
Wirtschaftspolitik wie bisher mit klaren Förderschwerpunkten
betrieben. Auch an der Schulstruktur will Rot-Rot nichts ändern. Wen
wundert es: Nicht umsonst bezeichnete Platzeck die vergangenen Jahre
als die erfolgreichsten.
Es stellt sich daher erneut die Frage, weshalb der Ministerpräsident
nach zehn Jahren Rot-Schwarz umschwenkte. Und die Antwort bleibt die
gleiche: Es gibt keine inhaltlichen Gründe, nur machtstrategische -
und vielleicht auch persönliche. Platzeck kann mit den linken
Akteuren menschlich besser als mit den meisten Vertretern der neuen
CDU.
Der SPD-Chef überfordert mit seinem Schwenk weite Teile seiner
Partei. Wenn die Basis zustimmen wird, dann nur mit großem
Unwohlsein. Die Stasi-Vergangenheit des Linken-Führungspersonal ist
nicht nur Fußnote in diesem Vertrag. Die früheren Spitzel sind
Mitunterzeichner, Verantwortliche. So pragmatisch auch verhandelt
wurde, so wenig Ideologie in das Papier floss - dieses Brandenburger
Bündnis steht unter Beobachtung wie keines zuvor.
Rot-Rot wird sich vor allem auch daran messen lassen müssen, ob der
18-Milliarden-Schuldenberg ins Unermessliche wächst. Und Platzeck
damit ein weiteres Mal seine Linie verlässt.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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