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Der Tagesspiegel: Lauterbach: Bezahlte Studien in Arztpraxen sind "legale Form der Korruption"

Geschrieben am 01-10-2009

Berlin (ots) - Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat die
zunehmende Zahl sogenannter Anwendungsbeobachtungen in Arztpraxen als
"legale Form der Korruption" kritisiert. Wenn die Pharmaindustrie
Medizinern die Verschreibung bestimmter Medikamente honoriere,
bevorzugten sie diese natürlich gegenüber gleichwertigen anderen
Arzneimitteln - "und womöglich sogar dann, wenn sie sich für den
Patienten leicht nachteilig auswirken", sagte Lauterbach dem Berliner
"Tagesspiegel" (Freitagsausgabe) Mit den so genannten
Aufwandsentschädigungen der Pharmaindustrie könnten Ärzte "pro Jahr
leicht 20 000 bis 30 000 Euro zusätzlich generieren". Als
Arbeitsleistung werde von ihnen "oft nur verlangt, ein
Din-A-4-Formular auszufüllen und es aufs Fax zu legen".

Allein im vergangenen Jahr gabe es nach Angaben der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung in deutschen Arztpraxen 85 000
registrierte Anwendungsbeobachtungen. Hochgerechnet hätte sich
demnach mindestens jeder zweite niedergelassene Arzt für eine
Arzneistudie an seinen Patienten bezahlen lassen. Tatsächlich habe
man aber keinen Überblick über die Mehrfachteilnahme bestimmter
Ärzte, sagte KBV-Sprecher Roland Stahl. Ingesamt wurden
Anwendungsstudien für 235 Präparate registriert. Die Zahl der
Studienteilnehmer steige seit Jahren, sagte Stahl, 2008 erhöhte sie
sich erneut um knappe fünf Prozent.

Deutschland sei ein "Eldorado der Anwendungsbeobachtung", sagte
Lauterbach. Bei den honorierten Arzneistudien handle es sich um "das
meistverbreitete Marketinginstrument der Industrie", die Pharmafirmen
wüssten, dass sie teure Produkte "anders nicht mehr in den Markt
gedrückt bekommen". Dabei sollten mit den Studien nicht nur andere
Arzneimittel verdrängt werden. Ein Ziel sei es auch, dass Patienten
schon in einem Diagnose- oder Krankheitsstadium behandelt werden, in
dem dies unnötig oder zumindest fragwürdig sei. Da die Patienten
davon in vielen Fällen nicht einmal wüssten, seien die Studien in
höchstem Maße unethisch. Es handle sich um dasselbe Prinzip wie bei
den so genannten Fangprämien, die niedergelassene Ärzte für die
Überweisung ihrer Patienten an bestimmte Krankenhäuser erhalten.

Die Forderung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, das
Meldeverfahren für Anwendungsbeobachtungen zu verbessern, nannte der
SPD-Politiker heuchlerisch. "Dadurch registriere ich die Korruption,
verhindere sie aber nicht", sagte Lauterbach. Helfen könne nur ein
grundsätzliches Verbot und die Verpflichtung, sich wirklich nötige
Beobachtungen ausdrücklich genehmigen zu lassen. "Mit ihrem
unethischen Marketing verplempert die Industrie das Geld, das für
seriöse klinische Studien fehlt."

Bei Rückfragen: 030/26009-882 (Rainer Woratschka) oder
030/26009-389 (Politikredaktion).

Originaltext: Der Tagesspiegel
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/2790
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_2790.rss2

Pressekontakt:
Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de
 


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