(Registrieren)

Rheinische Post: Auf den Vizekanzler kommt es an von Sven Gösmann

Geschrieben am 25-09-2009

Düsseldorf (ots) - Als sich vor vier Jahren CDU/CSU und SPD
zusammenfanden, dachten viele Wähler, die große Koalition würde große
Lösungen produzieren. Heute sind wir schlauer: Diese Koalition
versackte im Ungefähren. Das war ihr Geburtsfehler. Versuchten doch
beide Partner, einander widersprechende Entwürfe zu vereinen: den
freiheitlich-sozialen der Union und den etatistischen der
Sozialdemokraten. Das ärgste Beispiel der Kompromisslerei, die aus
diesem Dilemma erwuchs, ist der Gesundheitsfonds. Wer immer noch der
modischen These anhängt, die Unterschiede zwischen CDU/CSU und SPD
seien marginal, den belehrt ein Blick in das Kleingedruckte dieses
Konstrukts eines Besseren.
Beide Seiten haben in der großen Koalition derart gelitten, dass die
Stabilität des Parteiensystems schaden nehmen könnte: Die SPD dürfte
am Sonntag ihren Status als Volkspartei verlieren, bedroht durch
gleich zwei Ausgründungen am linken Rand und den Verlust jener
Helmut-Schmidt-Wähler, die spätestens seit Ypsilanti nicht mehr an
Schwüre glauben, die Linkspartei sei kein Partner für die SPD. Die
Union büßte im schwarz-roten Bündnis Profil und Gestaltungskraft ein
und damit an Faszinination gerade für die Leistungseliten. Ihre
weitere Sozialdemokratisierung würde auch CDU und CSU in nicht
gekannte Abgründe schauen lassen.
Deutschland aber steht vor gewaltigen Aufgaben. Mögen die
unmittelbaren Folgen der Krise auch nicht durchschlagen wie
befürchtet, so bleiben doch wahre Problemberge: die exorbitante
Staatsverschuldung. die überfällige Modernisierung der Sozialsysteme,
die Begründung einer intelligenteren und effizienteren
Energiepolitik, die Kernkraft und andere wichtige Felder der
Forschung nicht vernachlässigt, die Entwicklung einer international
verantwortbaren Exit-Strategie für Afghanistan.
Eine Bundesregierung, die diese Aufgaben nicht wieder vertagen will,
braucht größtmögliche politische Schnittmengen, zumal sich die
Fliehkräfte einer großen Koalition im Falle einer Neuauflage
verstärken würden. Schon nach ein, zwei Jahren stünde dieses Bündnis
auf der Kippe. Zu verlockend wäre es für den linken SPD-Flügel, gäbe
es mit Grünen und Linkspartei eine Koalitionsoption. Frank-Walter
Steinmeier ist den Beweis schuldig geblieben, dass er diese
Entwicklung aufhalten könnte. Er hat stattdessen auf einen
Verhinderungswahlkampf gegen eine schwarz-gelbe Koalition gesetzt.
Dies war als Strategie defensiv und dürftig, sind doch die
schwarz-gelben Koalitionen in NRW, Niedersachsen oder Bayern bislang
nicht gerade als neoliberale Kampfformationen aufgefallen, sondern
als eher behutsame Erneuerer. Behalten die Meinungsforscher recht,
kann Angela Merkel nach dieser Wahl Regierungschefin bleiben. In
Anlehnung an einen alten Wahlkampfslogan gilt deshalb diesmal: Auf
den Vizekanzler kommt es an.

Originaltext: Rheinische Post
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30621
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30621.rss2

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

227346

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: G-20-Aufsichtsrat von Godehard Uhlemann Düsseldorf (ots) - Es ist ein Trugschluss zu glauben, die G-20-Runde der führenden Industrie- und Schwellenländer sei die neue Weltregierung, die alle globalen Probleme zügig löst und uns vom Albtraum der schlimmsten Finanzkrise seit 70 Jahren erlöst. G-20 ist wichtig zur Abstimmung gemeinsamer Positionen. Die Runde wird regelmäßig tagen. Sie wird aber nur so stark und so einflussreich sein können, wie deren Teilnehmer Beschlüsse mittragen und daheim auch umsetzen. Auch in diesem Gremium werden nationale Interessen erbittert verfolgt. mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Finanzen / G20 Osnabrück (ots) - Ermutigende Signale Historische Entscheidung: In Pittsburgh ist eine Art Weltwirtschaftsregierung ins Leben gerufen worden. Damit wird endlich vollzogen, was seit Jahren überfällig war. Denn die Globalisierung ist rasant fortgeschritten, die Weltwirtschaft engmaschig vernetzt. Die Finanzkrise hat das gerade wieder gezeigt. Sie schlug rund um den Erdball hohe Wellen. Umso bedeutender ist es, dass die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer sich zusammentun, um gemeinsam ökonomische Schutzdeiche zu errichten. Die mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Iran / Atom Osnabrück (ots) - Über Jahre gelogen Jetzt ist offiziell, wovor westliche Geheimdienste, iranische Oppositionelle und einige Nahost-Experten immer wieder gewarnt haben: Im Konflikt um ihr Nuklearprogramm haben die Mullahs in Teheran die UNO und die Atomenergiebehörde seit Jahren belogen, wie die Existenz einer geheim gehaltenen zweiten Atomfabrik beweist. Wenn das Regime in der kommenden Woche nicht alle Informationen auf den Tisch legt und eine unmissverständliche Kehrtwende einleitet, muss der UNO-Sicherheitsrat harte Sanktionen mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Wahlen / Bundestag Osnabrück (ots) - Es steht viel auf dem Spiel Gewiss, der Bundestagswahlkampf verlief eher müde. Keine dramatischen Redeschlachten, keine prickelnden Skandale oder Enthüllungsgeschichten. Auch inhaltlich blieb vieles auf der Strecke. Große Zukunftsthemen wie Bildung, Gesundheit, Schuldenabbau und Wirtschaftswachstum wurden eher oberflächlich diskutiert. Vor allem Union und Sozialdemokraten vermieden leider den offenen Schlagabtausch. Sie befürchteten offenbar, Wähler durch allzu klare Konzepte und Konturen zu verprellen. Vielen mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Sicherheit / Verfassungsschutz / Polizei Osnabrück (ots) - Trauriges Schauspiel Kurz vor der Bundestagswahl gibt der Innenminister ein trauriges Bild ab. Wolfgang Schäuble lässt eilig dementieren, dass er dem Verfassungsschutz im Anti-Terror-Kampf neue Befugnisse geben will. Ihm wäre mehr Courage zu wünschen. Natürlich will er den Geheimdienst aufrüsten, nicht erst seit gestern. Dass der Verfassungsschutz Zugriff auf Computerfestplatten, auf Telefon- und Internetverbindungsdaten sowie anderes mehr braucht, hat Schäuble intern immer wieder betont. Nur weil die SPD ihn abblitzen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht