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Berliner Morgenpost: In Thüringen öffnet sich die Tür zur großen Koalition - Leitartikel

Geschrieben am 03-09-2009

Berlin (ots) - Sehr spät, aber gerade noch rechtzeitig hat
Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus die einzig folgerichtige
Konsequenz gezogen. Mit seinem Rücktritt hat er sich einen Rest von
Respekt bewahrt, seine Partei vor einem internen Machtkampf pro oder
kontra Wahlverlierer Althaus bewahrt und schließlich die Aussichten
für eine Koalition mit der SPD entscheidend verbessert. Althaus ist
das Opfer seines eigenen Ehrgeizes geworden. Er gilt als
beratungsresistent, teamunfähig, und gegenüber dem politischen Gegner
führte sich der praktizierende Katholik geradezu unchristlich
polarisierend auf. Koalitionsverhandlungen mit ihm drohten von
vornherein für die CDU zu einer gefährlichen Gratwanderung zu werden.
Menschlich belastend kommt hinzu, dass Althaus aus dem von ihm
verschuldeten Skiunfall mit Todesfolge auch noch wahltaktisches
Kapital zu ziehen versuchte. Sein Wahldesaster überraschte denn auch
nicht mehr wirklich.
Nicht allein für die CDU kommt der Rücktritt einer Erlösung gleich.
Dem SPD-Spitzenkandidaten Christoph Matschie fällt es nun leichter,
das Versprechen seiner Partei, Bodo Ramelow von der Linkspartei auf
keinen Fall zum ersten Ministerpräsidenten der SED- Nachfolgepartei
zu wählen, auch tatsächlich einzuhalten. Denn mit dem Abgang des
selbstherrlichen Regierungschefs und Parteivorsitzenden hat die SPD
ein anderes zentrales Wahlziel erreicht: Abwahl und damit Ende des
Systems Althaus. Damit ist die CDU zu einem personellen wie
inhaltlichen Neuanfang genötigt. Das öffnet für die SPD die Tür zu
Koalitionsverhandlungen weit; selbst als nur drittstärkste Kraft auf
Augenhöhe und damit ohne Gesichtsverlust. Natürlich wird es
Sondierungen auch mit der Linkspartei Ramelows geben. Das gehört zu
den Ritualen nach einer Wahl mit ungeklärten Mehrheitsverhältnissen.
Doch weit werden sie nicht gedeihen. Selbst wenn die Linkspartei den
Regierungschef gnädigst der SPD zugestehen würde, müsste Matschie
dankend ablehnen. Aus gleich drei Gründen. Erstens wäre ein
Ministerpräsident der kleineren Partei auf Gedeih und Verderb dem
größeren Partner, also der Linkspartei, ausgeliefert; die SPD würde
wie weiland Frau Ypsilanti ein Versprechen brechen; und drittens
würde sie dem Kanzlerkandidaten Steinmeier mit einer solchen
Wahlkampflüge schwer in den Rücken fallen. Hinzu kommt, dass es auch
in Thüringens SPD große Vorbehalte gegenüber einer Linkspartei gibt,
in der hinter dem Reformer Ramelow erneut Abgeordnete mit
Stasi-Vergangenheit sitzen, die der Erfurter Landtag für
"parlamentsunwürdig" erklärt hat.
So läuft denn in Thüringen alles wie 1994 schon einmal auf eine neue
große Koalition zu, die angesichts von nur noch 18,5 Prozent der SPD
diesen Namen eigentlich gar nicht mehr verdient. Beste Aussichten,
künftige Regierungschefin zu werden, hat die langjährige Ministerin,
Landtagspräsidentin und Fraktionschefin Christine Lieberknecht. Die
CDU-Politikerin hat nicht nur reiche politische Erfahrung, sie hat
sich auch parteiübergreifend Respekt verschafft. Gute Aussichten
also, dass mit Christine Lieberknecht erstmals eine Frau
Ministerpräsidentin in Ostdeutschland wird.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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