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Südwest Presse: Kommentar zum Wahlkampf

Geschrieben am 24-08-2009

Ulm (ots) - Man muss dankbar dafür sein, dass die Bürger in
Sachsen, Thüringen und dem Saarland schon am nächsten Sonntag zur
Wahl der neuen Landtage aufgerufen sind, also vier Wochen vor dem 27.
September. Vielleicht kommt ja danach endlich jener Schwung in den
Bundestagswahlkampf, den viele Beobachter bisher schmerzlich
vermissen. Wenn die Demoskopen Recht behalten, müssen wohl zwei der
drei amtierenden Ministerpräsidenten von der CDU um ihren Job bangen.
Bewegt sich also doch etwas in der scheinbar festgefügten
Parteienlandschaft?
Dass auch dem Kampf um die Macht in Berlin mehr Zuspitzung zu
wünschen wäre, ist mittlerweile ein unter Politologen
mehrheitsfähiger Befund. Allerdings liefern sie zugleich die
einleuchtende Begründung dafür mit, dass die Kampagnen der
konkurrierenden Parteien bisher eher routinemäßig ablaufen - von
zündender Polarisierung oder knisternder Wechselstimmung findet sich
kaum eine Spur.
Das liegt, einerseits, an einer CDU-Kanzlerin, die sich dem Nahkampf
mit ihrem Herausforderer ebenso entzieht wie klaren Festlegungen in
umstrittenen Sachfragen. Das liegt, andererseits, an einem
SPD-Spitzenkandidaten, der ein doppeltes Handikap mit sich schleppt:
Frank-Walter Steinmeier kann als Vizekanzler der großen Koalition
Angela Merkels Leistungsbilanz nur bedingt attackieren, und als
Mitautor der Agenda-Politik Gerhard Schröders wird er immer noch für
manchen Einschnitt in Haftung genommen, der die Entfremdung zwischen
der SPD und Teilen ihrer traditionellen Anhängerschaft bedingte.
Nun wird allenthalben beklagt, dass die Öffentlichkeit den
Trittbrettfahrern aus der Unterhaltungsindustrie mehr Aufmerksamkeit
widmet als den Protagonisten der parlamentarischen Demokratie. Doch
ist es keineswegs ein Zufall, wenn sich das Publikum mit Wonne dem
selbsternannten Kanzlerkandidaten Horst Schlämmer zuwendet, wo doch
die Parteien selbst im Produzieren schöner Bilder und in der
Inszenierung televisionärer Ereignisse längst die höchste Form
erfolgreicher Politikvermittlung erblicken.
Der Hang zu inhaltsleerer Zerstreuung nimmt zu in dieser
Mediengesellschaft, und leider ist der aktuelle Wahlkampf ein
weiteres Indiz für diesen Trend. Statt über realistische Wege aus der
Rekordverschuldung zu wetteifern, über den Abbau der Arbeitslosigkeit
und mehr Bildungschancen für alle, geht es um virtuelle
Steuergeschenke und hypothetische Koalitionen. Und hoch oben thront
unangreifbar Angela Merkel, die Meisterin des Ungefähren und
ideologiefreie Generalistin, die mit ruhiger Hand regiert und die
Republik im Konsens durch unruhige Zeiten führt.
Niemand regt sich über den Widerspruch auf, der dem zweifellos
geschickten Auftritt der Kanzlerin anhaftet. Angela Merkel sammelt
gern die Meriten einer Regierungschefin ein, die das Land gemeinsam
mit der SPD vor noch größerem Schaden im Schatten der Finanzkrise
bewahrt hat, und erweckt den Eindruck, auf diesem Kurs werde es nach
dem Wahltag weiter gehen. Zugleich strebt sie ein Bündnis mit der FDP
an, das natürlich ganz andere Schwerpunkte setzen und Wege
einschlagen wird.
Darüber müsste die CDU-Vorsitzende jetzt konkret Auskunft geben,
statt Kritiker lächelnd ins Leere laufen zu lassen und erkennbare
Probleme auf den 28. September zu vertagen. Vielleicht wird Angela
Merkel ja am Sonntag nach den drei Landtagswahlen ein bisschen aus
ihrer Reserve gelockt. Im Interesse der notwendigen Klärung von
Positionen und Zielen noch rechtzeitig vor der Bundestagswahl wäre
das allemal.

Originaltext: Südwest Presse
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59110
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


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