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Westdeutsche Zeitung: Eine Wahl als blutige Machtprobe Von Eberhard Fehre =

Geschrieben am 20-08-2009

Düsseldorf (ots) - Man kann die nicht einfache Leistung
anerkennen, in Afghanistan überhaupt so etwas wie Wahlen zu
inszenieren. Und die Kritik daran, dass diese Wahlen alles andere als
frei und fair sind, ist so berechtigt wie banal: Für Wahlen in
unserem Sinne fehlen am Hindukusch schlicht die Voraussetzungen. Die
Millionen an "Geisterwählern" , der schwunghafte Handel mit
Wahlscheinen oder der Verkauf von Regierungsposten sind dabei nur
augenfällige Hinweise. Schwerer wiegt: Institutionen und Regeln
bedeuten auch nach sieben Jahren Krieg in Afghanistan nichts,
Stammeszugehörigkeiten, persönliche Loyalitäten und Beziehungen
dagegen alles. Und hat man, wie Amtsinhaber Karsai, genügend Dollars,
kann man sich diese Loyalitäten kaufen - zumindest auf Zeit.

Dennoch wurde die gestrige Wahl sowohl von den Besatzungsmächten
wie von den Taliban zur Machtprobe erklärt. Von Seiten der
US-geführten Militärkoalition ist es der Versuch, eine Normalität zu
inszenieren, die es tatsächlich nicht gibt. Zugleich soll die Wahl
der fortgesetzten Besatzung einen Schein von Legitimität verleihen,
um die wachsende Kritik an der Heimatfront zum Schweigen zu bringen.
Für die Aufständischen, die kriminellen Warlords und Drogenbarone ist
es die Gelegenheit, sich als die eigentlichen Herren am Hindukusch zu
inszenieren. Dem Volk bleibt dabei nur eine all zu oft blutige
Statistenrolle. An den tatsächlichen Machtverhältnissen ändert der
Urnengang wenig, wie positiv oder kritisch man die Wahl selbst auch
sehen will.

Karsai konnte sich lange auf seinen Ziehvater George W. Bush
stützen. Die neue US-Administration schien den unfähigen und
korrupten Paschtunen zunächst austauschen zu wollen. Allerdings fand
Washington keine überzeugende Alternative. Vieles spricht dafür, dass
Karsai auch künftig den viel bespöttelten "Bürgermeister von Kabul"
gibt. Das sollte aber kein Alibi für ein einfaches "Weiter so" sein.
Nach fast 30 Jahren Krieg in Afghanistan, dem schon sprichwörtlichen
"Friedhof der Imperien", muss ein Ausstiegs-Szenario diskutiert
werden. Hilflose Erklärungen wie die gestrige von Steinmeier, 2019
als Abzugsdatum sei realistisch, zeigen ja nur eines: Dass unsere
Politiker gar keine Vorstellung davon haben, was unsere Truppen dort
sollen.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211 / 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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